Deutsche Kultur und Bürokratie verstehen lernen
Kreis Minden-Lübbecke veranstaltet den ersten Infotag für Geflüchtete
Wie schließe ich einen Handyvertrag ab? Darf ich arbeiten gehen? Und wo ist der Unterschied zwischen einem Jobcenter und dem Arbeitsamt? Diese und viele weitere wichtige Fragen standen in der vergangenen Woche beim ersten Fachtag für Geflüchtete im Mittelpunkt. In Zusammenarbeit mit dem Kreissportbund, der Verbraucherzentrale und dem Jobcenter lud das Kommunale Integrationszentrum des Kreises Minden-Lübbecke Geflüchtete aus der Region in das Jugend- und Kreativzentrum Anne-Frank ein. In verschiedenen Workshops konnten sich die 65 Teilnehmerinnen und Teilnehmer über die Themen Arbeitsmarkt, interkultureller Austausch, Handyverträge und Sportangebote im Kreis informieren.
Der Neustart in einem fremden Land kann mühselig und anstrengend sein. Umso wichtiger ist es, dass es Menschen gibt, die sich engagieren und den Geflüchteten mit Rat und Tat zur Seite stehen. Dass es hiervon im Mühlenkreis eine große Anzahl gibt, zeigte sich bei der Begrüßung, zu der viele Geflüchtete von ihren ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern begleitet wurden.
„Dass so viele Ehrenamtliche mit angereist sind zeigt, wie viele Menschen sich im Mühlenkreis für ein friedliches Miteinander einsetzen. Dieses Engagement ist für unsere Gesellschaft wirklich wichtig,“ erklärt Landrat Dr. Ralf Niermann, der den Fachtag eröffnete. Die Workshops selbst besuchten die Geflüchteten im Anschluss ohne die Ehrenamtlichen.
Unterschiedliche Muttersprachen müssen kein Hindernis für die Kommunikation sein, im Gegenteil. Ein kurzer Besuch in den Workshops zeigte: es war eine bunte Mischung aus den unterschiedlichsten Sprachen zu hören. Zwar hielten die Referentinnen und Referenten die vier verschiedenen Workshops über weite Teile in deutscher Sprache. Allerdings waren auch Sprachmittler im Einsatz, die in die Sprachen Arabisch, Kurdisch, Farsi, Dari und Französisch übersetzten. Auch die Teilnehmenden übersetzten die Sprachen, die nicht von den Sprachmittlern abgedeckt werden konnten, fleißig mit. Die Workshops boten dadurch nicht nur die Möglichkeit, sich über Themen wie Arbeitswelt und Sportangebote zu informieren, sondern auch eine Plattform, sich kennenzulernen und auszutauschen.
Ein weiterer Workshop mit dem Titel „Typisch deutsch?“ befasste sich mit den kulturellen und gesellschaftlichen Gegebenheiten in Deutschland und den Herkunftsländern der Geflüchteten. Dabei ging es nicht darum Klischees zu bedienen, sondern darum, mit Geflüchteten über kulturelle Unterschiede zu sprechen. Der Workshop sollte den Geflüchteten eine Hilfestellung geben, um bestimmte Situationen, die auf den ersten Blick befremdlich wirken können, besser zu verstehen und einzuordnen. Dabei beschäftigten sich die Teilnehmenden mit dem Kultur-Begriff, setzten sich mit der bereits bekannten sowie der neuen Kultur auseinander und analysierten Situationen, in denen sie überfordert waren. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer berichteten beispielsweise, dass sie sehr früh erfahren haben, welche große Bedeutung Pünktlichkeit in Deutschland hat. Dennoch sind sie immer wieder überrascht, dass es oft Situationen gibt, in denen sie dennoch warten müssen, obwohl sie selbst pünktlich sind zum Beispiel bei Arztbesuchen, bei der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel oder Behördengängen.
„Die deutsche Bürokratie kann eine ganz schöne Herausforderung sein. Daher ist es wichtig, den Menschen die zu uns kommen, möglichst früh Hilfestellungen anzubieten,“ erklärt Dr. Anna Berlit-Schwigon, Leiterin des kommunalen Integrationszentrums. Wegen des großen Interesses bei den Geflüchteten sind für die Zukunft ähnliche Veranstaltungen geplant.