Mindens versteckte Schönheiten
Das Hofviertel: Markt 14
Schlendert man über den Marktplatz in Richtung Obermarkt, entdeckt man rechter Hand, zwischen Subway und mobilcom-debitel, einen überdachten Durchgang zur Altstadt. Der Gang führt durch das heutige Gebäude Markt 16 in einen kleinen Innenhof, den Markt 14, in dem auch die Gastronomie Enchilada für gesellige Abende sorgt.
Schon die alte, verzierte Holztür mit der Aufschrift „Hofviertel“ lädt den Spaziergänger zum Eintreten in vergangene Zeiten ein. Eine kleine Treppe führt hinauf in das Hofviertel. Linker Hand schmückt ein moderner, in schwarz gehaltener Wintergarten den Innenhof, zur rechten Seite begrüßt ein idyllischer „Biergarten“ mit Bäumen und Sträuchern. Schweift der Blick weiter geradeaus, prägen altes Fachwerk und Backsteine das Bild, das sich meterweit in die Höhe zieht. Die alte „Ursulatreppe“ schlängelt sich eng zwischen den alten Gebäuden zur oberen Altstadt.
Wo heute tagsüber eine idyllische Ruhe herrscht und sich im Dunkeln das Nachtleben tummelt, herrschte früher geschäftiges Treiben, denn das alte Fachwerkhaus der heutigen Gastronomie wurde einige hundert Jahre lang als Lager, Scheune, Pferdestall und zu anderen Wirtschaftszwecken genutzt. Die vorderen, zum Markt hin gelegenen Häuser dienten, wie auch heute, dem geschäftigen Treiben von Kaufleuten.
Interessant ist vor allem die bauliche Geschichte des Hintergebäudes, welches im Kern aus dem späten Mittelalter zu stammen scheint und Aufschlüsse über Fachwerkbauten der Stadt in dieser Zeit gibt. Die erste Bauphase wurde 1472 mit dem Bau eines zweigeschossigen Fachwerkhauses beschrieben, dass direkt an die alte Stützmauer der Stadt Minden grenzt. Bereits im Jahre 1500 wurde der Bau durch Herrmann Rodenbeck verlängert. Nach Erneuerungen des Ständerwerks 1648 erfolgte 1776 ein grundlegender Umbau. Es entstand ein zweites Obergeschoss, wodurch das Gebäude auch vom Martinikirchhof zugänglich wurde.
Von 1821 bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts diente das alte Fachwerkhaus als Lager des Kornhandelsgeschäfts Meyer. In den vorderen Gebäuden befand sich ein Manufakturwarengeschäft und eine Bierbrauerei. Im 19. Jahrhundert zog auch die Familie des 1958 geborenen Franz Boas in eines der Gebäude, welcher später in Amerika zum bedeutendsten Anthropologen wurde. Danach geriet das geschichtsträchtige Gebälk in Vergessenheit, wurde im 20. Jahrhundert kaum noch genutzt und gepflegt und musste dadurch einige Schäden an der Bausubstanz in Kauf nehmen. Nach den 80er Jahren entsann man sich dann endlich wieder der Schönheit alter Gebäude und ihrer Bedeutung für unsere Geschichte. So wurde das Gebäude im Hofviertel 1991 in die Denkmalliste eingetragen und von 1996 bis 1997 aufwendig saniert und zur Gaststätte ausgebaut. (ak)