Herausforderung angenommen!
Musiker und Tänzer dominieren Halbfinale des City Talents
Sie bemühen sich. Das spreche ich ihnen nicht ab. Aber Weltklasse-Ballett ist das nicht. Das erkenne selbst ich – mit der geballten Erfahrung von zwei Ballettaufführungen, die ich mit meinen 30 Lenzen erleben durfte. Den 200 Zuschauern scheint’s egal zu sein. Sie pfeifen und johlen, als würden sie Zeugen der Originalaufführung von Tschaikowskys Schwanensee werden.
Zwei Runden absolvierten die 23 Halbfinalteilnehmer des City Talents im Jugendzentrum Isy 7 in Espelkamp. Im ersten Durchgang agierten sie auf gewohntem Terrain, durften performen, was sie wollten. In der zweiten Runde wurde ihre heile Künstlerwelt auf den Kopf gestellt. Für jeden Teilnehmer hatte sich die vierköpfige Jury um Costa Makrogiannis, Silke Weber, DJ Andrè Becker und Benjamin Sazewa eine „Challenge“ überlegt. „Die Künstler sollen ihre Komfortzone verlassen“, erklärte Costa, Schöpfer der Mühlenkreis-Castingshow. Die drei Mädchen von der Tanzgruppe Contrast fühlen sich eigentlich im Hip Hop zuhause. Sie können kein klassisches Ballett tanzen. Versuchen sollten sie es trotzdem, stilecht in weißen Netzstrumpfhosen und Ballettschläppchen. Die Altrocker von Sanity Law haben ein Herz für die harten Töne, mussten aber die sanften Klänge von Udo Jürgens‘ „Merci Chèrie“ neu interpretieren.
Die Challenges kitzeln die Künstler, amüsieren die Zuschauer. Und bringen mich ins Grübeln. Ich bin Gastjuror und muss den Sieger der zweiten Runde küren. Das Auf und Ab meines Daumens entscheidet über Wohl und Wehe – und wer einen 100-Euro-Gutschein mit nach Hause nehmen darf. Die Künstler machen es mir nicht leicht. Sie tanzen Tänze, die sie selbst aus Jux nie tanzen würden und singen Songs, die sie selbst volltrunken nie wieder grölen werden. Am Ende wähle ich Stephanie Champion, weil mich ihre Challenge zu Diana Ross‘ „I’m coming out“ aus meinem bequemen Jurystuhl gerissen hat. Nach ihrer schüchternen, gefühlsduseligen Nummer in der ersten Runde habe ich mir einfach nicht ausmalen können, dass sie in der zweiten zur Partygranate mutiert: Stephanie CHAMPION eben.
Eine weitere Neuheit im Halbfinale waren die „Golden Shots“. Jedes Jurymitglied hatte die Chance, einen Künstler mit einem Buzzer direkt ins Finale zu katapultieren. Andrè Becker entschied sich für Fatma Fakiroglu, die ihn mit einer A-cappella-Version von „Amazing Grace“ überzeugte. Silke Weber setzte ihren Buzzer für die Band 30 Minutes aus Minden ein, Benjamin Sazewa drückte für Rapper Saebor Dawod. Costa Makrogiannis hievte Oliver Schmidt ins Finale. Der Bückeburger berauschte die Zuschauer mit seiner martialischen Performance zu „Under the Bridge“ von den Red Hot Chili Peppers.
Am Ende der viereinhalbstündigen Show holt mich Moderator Klaus Smolareck, im wahren Leben Hallensprecher von GWD Minden, gemeinsam mit der Jury auf die Bühne. 14 Finalisten haben Silke, Costa, Benjamin und Andrè (und irgendwie auch ich) im stillen Kämmerlein ausklamüsert. Die Künstler stehen vor der Bühne, nicht das leiseste Hüsteln ist von ihnen zu hören. Eigentlich fehlt jetzt nur noch der künstliche Herzschlag aus den Boxen. Bumm Bumm. Bumm Bumm. Fünf Minuten später schieße ich das Siegerfoto.
Fürs City Talent-Finale am 25. Februar im Theater Espelkamp sind qualifiziert: Die Sängerinnen Stephanie Champion, Lara Niemeier, Fatma Fakiroglu, die Sänger Ben Schafmeister, Kayn, Oliver Schmidt, der Rapper Saebor Dawod, die Bands Sanity Law, The Cracklins, 30 Minutes, die Tänzerinnen von Contrast, das Tanzduo Waldemar und Cecilia, der Tänzer Lukas Schukowski und die Pianistin Erika Ott.