Lihra meint ...

Lihra meint …

Mutig?

Auf meine letzte Kolumne wurde ich von einem Bekannten angesprochen. „Du bist ja mutig! Dass du im Minden-Kurier Dinge detailliert beschreibst und Vorgänge in der Stadt beleuchtest. Den Mut hätte ich nicht!“ Ist das wirklich mutig? Nein, das finde ich nicht. Es ist richtig, Dinge auf den Tisch zu legen und aus meiner Sicht darüber zu schreiben. Mut ist etwas anderes. Mutig ist derjenige, der mit dem Fallschirm aus 4000 Meter Höhe abspringt. Mutig ist die Person, die Zivilcourage zeigt und anderen in brenzligen Situationen beisteht. Das was ich tue ist nicht mutig. Ich habe nur keine Angst, Fehler zu machen.

Das Problem der meisten Menschen ist die große Angst vor Fehlern. Ich habe keine Angst davor, dass in der Tageszeitung dann steht: eine Null zu viel. Ich könnte nun hingehen und die Aussagen unseres Bürgermeisters auseinandernehmen. Stimmt da alles so? Ist das die Wahrheit? Liebe Leser, nachkarten bringt doch nichts. Es geht um das Wohl unsere Stadt und um das Wohl der Mindener Bürger. Um nichts anderes.

Meinungen können sich ändern. Aussagen ebenso. Wie sagte Konrad Adenauer einmal: „Was stört mich das Geschwätz von gestern.“ Ist Politik wirklich so? Heute diese Aussage, morgen jene? Das kann ich nicht glauben. Natürlich gehen wir mit vorgefassten Meinungen in eine Ratssitzung, so sie denn öffentlich ist. Natürlich haben wir „Lernerfahrungen“, die unser Leben prägen. Wir werden von unserem Umfeld, von den Eltern, Freunden, Bekannten geprägt. Ob das die Menschen in der Mindener Verwaltung sind, die Politiker im Rat, oder wir als Bürger. Aber sind wir deshalb nicht mehr lernfähig, Dinge zu ändern, die verändert werden müssen? Doch!

Ich möchte Ihnen eine kleine Geschichte frei nacherzählen, die einmal in Reader`s Digest stand:
Es geschah 1953. Eine Frau aus den Südstaaten der USA erlitt durch kochendes Wasser Verbrennungen 3. Grades. Über 40% der Körperoberfläche waren betroffen. Es bestand akute Lebensgefahr. Sie wurde in eine Spezialklinik gebracht. Während der ersten Wochen bildete sich eine hauchdünne neue Hut und ihr stand ein erstes „Bad“ bevor. Eintauchen in eine Lösung, die jene neue Haut sichern sollte. Alle Patienten hatten davor schreckliche Angst. Nun gab es ein Ritual. In der letzten Nacht leistete eine Person den Patienten Gesellschaft, die diese Tortur schon hinter sich hatte und das nächste Stadium erreicht hatte. Diese Menschen waren wie eine Mumie total in Bandagen eingewickelt. Die Frau aus den Südstaaten hatte eine „Mumie“, die ruhig, verständnisvoll und liebevoll half, die Panik zu überwinden und mit einem Rest an Würde diese Nacht durchzustehen. Ca. vier Wochen später war die Frau dabei, als ihrer „Mumie“ die Verbände abgenommen wurden. Es war ein afro-amerikanischer Bürger. Die Frau hatte gelernt, sie sind unreif, unfähig und kindlich. Weiße müssen diese dunkelhäutigen Menschen anleiten und bevormunden. Ihr gesamtes Weltbild brach zusammen. Ohne die Weisheit und Reife jener Person, hätte sie die Nacht vor dem Bad niemals durchgestanden. Niemals wieder würde sie dunkelhäutige Mitbürger ohne Respekt sehen und behandeln können.

Wir alle können Fehler machen, falsche Entscheidungen treffen und etwas auf den Weg bringen, was Minden nicht wirklich nach vorn bringt. Nehmen wir das Geschäftshaus am Scharn. Und wenn ich dann darüber aus meiner Sicht berichte, ist das nicht mutig. Es ist wichtig. Es besteht immer noch die Möglichkeit Entscheidungen zu überdenken und zu revidieren. Natürlich ist das nicht immer angenehm. Aber es ist wichtig, dass wir trotzt aller Meinungsverschiedenheiten und Differenzen respektvoll miteinander umgehen. Der Respekt vor dem anderen sollte nie verlorengehen.