Es muss nicht immer Lüge sein, aber die Wahrheit ist es auch nicht!
Ich bin fassungslos. Ich bin unendlich traurig. Aber nicht nur ich. Am Freitag bekam ich Anrufe von entsetzten und zum Teil weinenden Geschäftsleuten aus Minden. Am Donnerstag, dem 23. Juni, tagte der Haupt- und Finanzausschuss im Rathaus. Auf der Tagungsordnung stand der Verkauf der Stadthalle für 1 Euro an den Investor der Obermarktpassage. Die Fraktionen hatten darüber im Vorfeld selbstverständlich gesprochen. Unser Bürgermeister Herr Jäcke hatte im Vorfeld signalisiert, er wäre mit dem Verkauf einverstanden, die Politik müsse entscheiden. Die Fraktion der MI hatte ihrem Fraktionsvorsitzenden den Auftrag mitgegeben, für den Verkauf zu stimmen. Die Grünen wollten ebenfalls für den Verkauf stimmen und Herr Stefan Schröder, Fraktionsvorsitzender der Partei „Die Linke“ hatte den Antrag eingebracht. Warum?
Ich schrieb schon darüber. Mit dem potentiellen Investor, der die Passage unter der Bedingung kaufen wollte, dass die Stadthalle im Kaufpaket enthalten sei, war vereinbart worden, dass er in diesem Jahr noch mit dem Umbau der Obermarktpassage anfangen wolle. Die Kaufoption galt für ein Jahr. In dieser Zeit wäre der Investor verpflichtet gewesen, in regelmäßigen Abständen Politik und Verwaltung über den aktuellen Stand der Planungen und Fortgang der Umbaumaßnahmen Bericht zu erstatten. Ferner wäre der Investor verpflichtet gewesen, die laufenden Kosten der Unterhaltung der Stadthalle für dieses Jahr zu übernehmen. Die Stadt Minden mit ihren klammen Haushaltskassen wäre um 150.000 Euro entlastet gewesen. Sollte nach einem Jahr die Arbeiten nicht begonnen gewesen sein, würde die Stadthalle zum Preis von 1 Euro an die Stadt Minden zurückfallen. Alles ohne Risiko für Minden, nur mit Gewinn.
Was passierte nun am Donnerstag im Ausschuss? Der Beigeordnete Bursian erzählte den Politikern, man könne dem Verkauf nicht zustimmen, da man nicht wüsste, wer der Investor wäre. Dabei gab es einige Tage vor der Sitzung ein Gespräch mit dem Bürgermeister, Herrn Bursian und einigen anderen. Der Investor war im Rathaus. Wie kann im Ausschuss so getan werden, als wäre das alles ein Hirngespinst? Warum wird die Politik auf diese Weise beeinflusst? Will man die Politiker liebend gern aus allem heraushalten?
Tatsache ist, dass die Fraktionsvorsitzende der Grünen wie auch der der Mindener Initiative mal wieder umgefallen sind. Der Verkauf ist wahrscheinlich gescheitert. Weiß man, was Sie damit anrichtet? Doch, ich glaube schon. Einige Männer der Interessengemeinschaft Obermarkt hatten Tränen in den Augen. Es ist so wichtig für das Viertel, dass Leben in die Obermarktpassage kommt. Da sollten keine Spielchen mehr gespielt werden.
In Gesprächen mit Politikern, die ebenso fassungslos sind, wie die Geschäftsleute am Obermarkt, sagten diese mir, es sei nicht mehr zum Aushalten. Bestimmte Leute in der Verwaltung würden immer so tun, als gäbe es noch zwei oder drei andere Interessenten, obwohl kein anderes Angebot vorliegen würde. Jedes Mal sei das bisher den Bach runtergegangen.
Liebe MiKu-Leser, so kann es doch nicht mehr weitergehen. Politiker, die im Ernstfall nicht zu ihrem gegeben Wort stehen, bringen Politikverdrossenheit. Jemand aus dem Rat sagte mir: „Mit der Frau spreche ich überhaupt nicht mehr. Die hält nie ihr Wort.“ Und was ist das für ein Fraktionsvorsitzender, der mit einem genauen Auftrag seiner Fraktion in den Ausschuss geht, und sich dann anders verhält, sich bereden lässt? Und fehlt der Verwaltung etwas der Durchblick? Nicht nur am Obermarkt, nicht nur im geplanten Stadthaus, was ja wohl ebenfalls nichts wird. So geht es nicht weiter in Minden. Wir sind die Bürger, wir wollen hier auch noch in ein paar Jahren leben. In einer Stadt voller Leben und nicht in einer heruntergekommenen Mittelstadt, die alle Lebensqualität verloren hat.