IHK sorgt sich um Erreichbarkeit der Innenstadt
Schaden Radschnellweg und Klimakonzept dem Einzelhandel?
In Minden tut sich was. Die erste Hürde wurde mit der Neugestaltung der Fußgängerzone für mehr Barrierefreiheit genommen. Im Gespräch stehen immer wieder das alte Hertie- und Wehmeyergebäude, sowie ein Geschäftshaus am Scharn. Man will Minden attraktiv machen, um den Einzelhandel zu stärken und Arbeitnehmer zu halten oder zu locken. Doch die IHK sorgt sich nun um genau diesen Punkt. Durch zwei Teilaspekte aktuell laufender Planungen sieht sie die Erreichbarkeit der Innenstadt und damit auch den dort ansässigen Einzelhandel bedroht.
Die Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen zu Bielefeld (IHK) sorgt sich um den Einzelhandel der Mindener City und des Mittelzentrums Minden. Gefährdet sieht sie diesen durch aktuelle Planungen des Radschnellwegs OWL und des Klimaschutz-Teilkonzepts „Masterplan nachhaltige Mobilität“. Beide könnten die Erreichbarkeit der Innenstadt gefährden. Um bis 2030 im Rahmen des Klimakonzepts eine Reduzierung des verkehrsbedingten CO2-Ausstoßes um 26 Prozent zu verringern, soll als eine von mehreren Maßnahmen der Ausschluss von Durchgangsverkehr diskutiert worden sein. Ein Fachgutachten zur Ansiedlung von neuem Einzelhandel in der Innenstadt ginge aber von diffusen Kaufkraftzuflüssen aus, die im wesentlichen vom Durchgangsverkehr stammen. Nach Befürchtungen der IHK könne somit ein fehlender Durchgangsverkehr den Bestand und die Entwicklung des Einzelhandels in der City verschlechtern.
Lars Bursian, Baudezernent der Stadt Minden, sieht die Sorge der IHK als voreilig und gibt zu bedenken, dass es durchaus verschiedene Planungsvarianten gäbe. „Die Prozesse der Planung sind noch gar nicht abgeschlossen. In Punkto Durchgangsverkehr ging es um die Überlegung, dass Berufspendler von außerhalb an Minden vorbeifahren könnten und nicht durch die Innenstadt“, ergänzt Bursian. Es ginge also eher um eine Umleitung des Durchgangsverkehrs. Außerdem sei das Mobilitätskonzept ein offenes Konzept und sollte offen diskutiert werden. „Minden steht klar in Konkurrenz zum Umland, wie zum Beispiel die `Grüne Wiese´ in Porta Westfalica. Wir würden niemals einen Puffer einbauen, so dass die Innenstadt nicht mehr erreichbar ist“, gibt er zu verstehen. „Außerdem sollte die IHK mal proaktiv werden, anstatt immer gegen andere zu schießen“, äußert sich Bursian zur Kritik der IHK.
Die zweite Sorge der Industrie- und Handelskammer dreht sich um den Klausenwall. Bei der Planung des Radschnellwegs OWL soll eine von drei möglichen Routen entlang der Weser und über den Klausenwall führen. Dafür müssten dort allerdings zwei PKW-Fahrspuren wegfallen, um in jeder Fahrtrichtung einen Fahrstreifen für den Radschnellweg zu gewährleisten. Die Konsequenz: Der Klausenwall wäre in Teilabschnitten nur noch einspurig. „Der Klausenwall und das Ringstraßensystem haben eine entscheidende Bedeutung für die Erreichbarkeit des Einkaufsstandortes Innenstadt“, gibt Karl-Ernst Hunting, Zweigstellenleiter der IHK Minden, zu bedenken. Deshalb lehne er die Klausenwallführung ab. Insgesamt sieht er den Nutzen eines Radschnellwegs in unserem ländlichen Gebiet als fragwürdig an. „Im Ruhrgebiet lohnt sich ein Radschnellweg. Betrachtet man die Kosten und Nutzen, wird er sich in Minden nicht lohnen“, so Hunting.
Diese Meinung verfolgt auch Christiane Linder, Gründerin der Gruppe der Glacisschützer: „Minden ist eine Stadt der kurzen Entfernungen. Radfahrer nehmen immer den kürzesten Weg.“ Es zeichne sich ab ab, dass eher das bestehende Fahrrad-Wege-Netz verbessert werden müsse, anstatt einen einzigen Schnellweg zu bauen. „Somit hat die These der IHK durchaus ihre Berechtigung“, stimmt Linder zu. Ulrich Malburg, Referatsleiter Nahmobilität, vom Land NRW gibt zu verstehen, dass die Kosten für den Bau eines Radschnellwegs im ländlichen Raum deutlich geringer liegen als in Ballungsräumen und weist darauf hin, dass der Kosten-Nutzen-Faktor bei der Auswahl des Projekts bereits positiv berücksichtigt wurde.
Da die Stadt Minden sich durch die Höhe ihrer Einwohnerzahl zu mindestens 25 Prozent an den Kosten beteiligen muss, legt Lars Bursian die Fakten auf den Tisch: „Im Moment ist noch völlig unklar, ob der Radschnellweg letztendlich durch Minden führt.“ Und auch die Route über den Klausenwall sei dementsprechend noch nicht entschieden. Immerhin gebe es noch die Alternativen durch das Glacis oder die West-Route entlang der glacisnahen Straßen,die Hardenbergstraße und Steinstraße. „Wenn schon ein Radschnellweg gewünscht, dann sind wir für die West-Route“, nimmt Linder Stellung. Für die Route durch das Glacis müssten mindestens 40 bis 50 Bäume gefällt werden, was das Planungsbüro PVG allerdings als lapidar abgetan habe. Auch die Berufspendler und Schüler würden nach Linder von der West-Route profitieren. Die Klausenwall-Route sei bereits als nicht erstrebenswert eingestuft worden.
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