Landrat bittet Landesregierung um mehr Polizisten

Landrat bittet Landesregierung um mehr Polizisten

„Auch die Bürger im ländlichen Raum sorgen sich um ihre Sicherheit“

Dr. Ralf Niermann, Landrat und Leiter der Kreispolizeibehörde, hat NRW-Innenminister Ralf Jäger um die Zuweisung zusätzlicher Polizeikräfte für den Mühlenkreis gebeten. Nicht nur die Ballungsräume an Rhein und Ruhr würden mehr Polizisten benötigen – auch der ländliche Raum müsse bei der Personalaufstockung bedacht werden, heißt es in dem mehrseitigen Brief. Nach den Silvester-Übergriffen in Köln hatte die Landesregierung erklärt, die Zahl der Polizeibeamten in NRW um 500 zu erhöhen.

Auf der Personalversammlung der 
Kreispolizeibehörde hat Landrat Dr. Ralf Niermann verkündet beim Innenministerium um mehr Polizisten für Minden-Lübbecke gebeten zu haben. Nicht nur die Großstädte sorgten sich um ihre Sicherheit, gleiches gelte auch für die Bürger im ländlichen Raum. Damit nehme Niermann seinen SPD-Parteikollegen Ralf Jäger beim Wort, der nach den Ereignissen der Silvesternacht angekündigt hatte den Schutz der Bevölkerung zu gewährleisten. Bereits am 02. Februar hatte die CDU-Landtagsabgeordnete Kirstin Korte das Innenministerium nach der tatsächlichen Personalstärke der Polizei im Mühlenkreis gefragt. Niermanns Brief folgte circa eine Woche später. Auf MiKu-Nachfrage sagte Polizei-Pressesprecher Ralf Steinmeyer, dass das Schreiben keine direkte Reaktion auf politischen Druck oder konkrete Vorfälle sei. Vielmehr sei es seit längerer Zeit vorbereitet gewesen. „Der Landrat wollte erst die Personalversammlung abwarten, bevor er die Öffentlichkeit über den Brief informiert. Es handelt sich hierbei um eine Reaktion auf die Erklärung der Landesregierung mehr Polizisten in NRW einzustellen. Der Brief soll den Finger für den ländlichen Raum heben, damit wir vom Land nicht vergessen werden, wenn das neue Personal verteilt wird“, erklärt Steinmeyer. Von Innenminister Jäger hat es bis dato keine Reaktion gegeben. Eine Kooperation mit weiteren Landkreisen, die das Plädoyer mittragen, habe man nicht in Betracht gezogen.

Laut Landrat Niermann wäre es ein Fehler, wenn das Ministerium sagt, dass es sich im ländlichen Raum grundsätzlich sicherer leben lässt als in den Ballungsräumen, denn die Sorgen der Menschen in Puncto Sicherheit seien unabhängig vom Wohnort überall die gleichen. Der Ruf nach „mehr Polizei“ sei auch im Mühlenkreis unüberhörbar, die Personalstärke jedoch rückläufig. 
Niermann: „Weiterhin weist die heimische Kreispolizeibehörde neben einer Vielzahl von Überstunden auch einen sehr hohen Altersdurchschnitt auf, wodurch nicht alle Beamtinnen und Beamten uneingeschränkt im Wachdienst einsetzbar sind. Hinzu kommt die auf uns zurollende Pensionierungswelle.“ Diese Fakten würden ihn zu Anpassungen zwingen, wie zum Beispiel beim Funktionsbesetzungsplan in den Wachen, wodurch im Wochenendspätdienst weniger Streifenwagen in Minden unterwegs sind als vorher. „Bei einer Flächenbehörde wie dem Kreis Minden-Lübbecke ist eine dezentrale Behördenstruktur, insbesondere im Bereich der Polizeiwachen und Kommissariate, ein wichtiger Baustein für das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung. Diese Dezentralität halte ich für herausragend wichtig und möchte sie als Kernmarke der Sicherheitsstruktur im ländlichen Raum keinesfalls aufgeben. Dafür brauche ich allerdings das notwendige Personal“, sagt Niermann.•

Dr.Ralf Niermann (SPD), Landrat des Kreises Minden-Lübbecke, bittet Innenminister Ralf Jäger um mehr Polizisten.

Dr.Ralf Niermann (SPD), Landrat des Kreises Minden-Lübbecke, bittet Innenminister Ralf Jäger um mehr Polizisten.

Polizeigewerkschaft fordert 
dauerhafte Neueinstellungen

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) habe die Bundesregierung bereits vor vielen Jahren auf den drohenden Personalnotstand aufmerksam gemacht, sagt Stephan Hegger. Laut des Pressesprechers der Polizeigewerkschaft NRW ist die starke Pensionierungswelle frühzeitig erkennbar gewesen. Doch statt mehr neue Polizisten einzustellen, habe die Politik über lange Jahre weitere personelle Einschnitte unternommen. Jetzt, in Zeiten der Flüchtlingsströme, vermehrter Einbruchdelikte und sogenannter No-Go-Areas habe die Politik endlich den Ernst der Lage erkannt und die Zahl der Kommissaranwärter schrittweise erhöht. Inzwischen hat die NRW-Landesregierung die Zahl der Neueinstellungen auf 1900 pro Jahr erhöht, vorher waren es 1400. „Das war dringend notwendig, denn jedes Jahr gehen circa 2000 Polizisten in NRW in den Ruhestand. Die Politik muss jetzt die verbindliche Zusage machen, dass die Zahl 1900 auch über das Jahr 2017 hinaus gilt“, erklärt Hegger. Nur so sei die Sicherheit der Bürger weiterhin zu gewährleisten. Doch allein mit neuen Anwärtern ist es nicht getan: Bevor sie für die Arbeit zur Verfügung stehen, müssen sie erst eine dreijährige Ausbildung absolvieren. Die bis dahin anfallende Mehrarbeit müsse von denjenigen geleistet werden, die bereits heute bei der Polizei arbeiten. „Als Überbrückungslösung fordert die GdP daher, dass man zusätzliche Tarifbeschäftigte einstellt und Langzeitkonten einführt, auf denen die Mehrarbeit gutgeschrieben wird“, sagt Hegger.

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