Feuerwehr sorgt sich um Nachwuchs
Auch in Minden und Umgebung?
Seit Jahren macht sich die Feuerwehr in Deutschland Sorgen um Nachwuchskräfte. Das vor allem weil sie Vielerorts von freiwilligen Ehrenamtlichen getragen wird. Doch wie sieht es Minden und den Nachbarkommunen Porta Westfalica, Hille und Petershagen aus? Droht auch hier ein langsamer Verfall des kindlichen Traumberufs des Feuerwehrmannes? Wir haben nachgefragt.
Stefan ist im Schulunterricht. Der Lehrer steht an der Tafel und erklärt gerade eine komplizierte Matheaufgabe. Stefan ist hochkonzentriert, da geht sein Alarmpiepser. Er springt auf, entschuldigt sich beim Lehrer und der Klasse und fährt zum Feuerwehrgerätehaus. Dann muss alles ganz schnell gehen. Er steht unter enormen Zeitdruck. Umziehen, ausrüsten und schon geht’s los zum Einsatz. Hier heißt es: Helfen, unterstützen und tätig werden.
Stefan ist ein aktives Mitglied der freiwilligen Feuerwehr und so wie ihm geht es allen Aktiven, die gerade bei der Arbeit, in der Schule, beim Einkaufen oder wo auch immer sind. Mit dem Eintritt in die freiwillige Feuerwehr haben sie sich verpflichtet zu helfen. Für die Mitglieder ist dies selbstverständlich, genauso für die Berufsfeuerwehr. Arbeitgeber müssen dies zwar hinnehmen, sind aber vor allem in kleinen Betrieben nicht immer begeistert. Auch Familienangehörige müssen solche Situationen in ihrem Alltag akzeptieren.
Die Feuerwehr in Deutschland hat schon seit Jahren Sorge um Nachwuchskräfte. Der demographische Wandel macht es nicht immer leicht. Viele arbeiten nicht mehr ums Eck, sondern müssen in andere Städte pendeln. Auch Ganztagsschulen beeinflussen das Freizeitverhalten der Jugendlichen. Dabei übernimmt die Feuerwehr, insbesondere die Freiwillige, eine sehr wichtige Funktion in unserer Gesellschaft. Ob Personen in einem verunglückten Auto eingeschlossen sind, Bäume nach Stürmen die Straße versperren, Keller unter Wasser stehen oder es lichterloh brennt: die Berufsfeuerwehr rückt spätestens 90 Sekunden nach Alarmierung aus und je nach Ereignis machen sich auch die Einsatzkräfte der freiwilligen Feuerwehr sofort bereit. Ohne die vielen Freiwilligen könnte jeder Hausbrand in einer Katastrophe enden. Da wird schnell klar, warum es Sorgen bereitet, wenn die Anzahl der freiwilligen Kräfte schwindet.
In Minden und den Nachbarkommunen Porta, Hille und Petershagen scheint dies allerdings nicht der Fall zu sein. Zwar sind in Hille und Petershagen die Mitgliederzahlen leicht zurück gegangen, insgesamt scheint die Lage aber stabil und das Interesse an diesem Ehrenamt weiterhin gegeben. „Wir haben im Bereich Kinder- und Jugendfeuerwehr intensiv Werbung gemacht“, erklärt Ingo Steinhauer die stabilen Mitgliedszahlen der freiwilligen Feuerwehr in Minden. Da die meisten aktiven Mitglieder aus der Jugendfeuerwehr requiriert werden, ist die Werbung bei Kindern und Jugendlichen für Steinhauer einer der wichtigsten Punkte. Das gleiche bestätigen auch die Nachbarkommunen. „Im Alter zwischen zehn und achtzehn Jahren besteht die Möglichkeit der Jugendfeuerwehr beizutreten. 90 Prozent unserer Mitglieder werden von dort requiriert.“, bestätigt auch Bernhard Förster, Leiter der Feuerwehr Hille, und gibt zu bedenken, dass es bei einem Überangebot an Freizeitmöglichkeiten schwer ist Jugendliche in der Pubertät zu halten. „Auch der Besuch einer Ganztagsschule schränkt die Freizeit der Jugendlichen ein“, fügt Horst Beckemeier, Stadtjugendwart der Stadt Petershagen, hinzu.
Seit dem ersten Januar gibt es allerdings ein neues Gesetz, welches auch Kinderfeuerwehren ab sechs Jahren erlaubt. So kann der Nachwuchs noch eher begeistert und für das Freiwilligenamt herangezogen werden, beispielsweise schon bei der Brandschutzerziehung in Kindergärten und Schulen. Die Kommunen geben sich Mühe und werben so gut es geht. Flyer und Plakate werden verteilt, es gibt Infostände bei öffentlichen Veranstaltungen, Schulfesten und Feuerwehrwerbetagen. Aber auch die technische Ausrüstung und ansprechende Feuerwehrhäuser seien etwas, womit bei Jugendlichen gepunktet werden kann. „Wir brauchen in Zukunft mehr, was das Ehrenamt attraktiv macht“, gibt Heino Nordmeyer, Leiter der Feuerwehr Minden, zu bedenken. Das könne zum Beispiel eine Zusatzrente oder ein zusätzlicher Versicherungsschutz sein, kostenfreie Bäderbenutzung oder Vergünstigungen bei Veranstaltungen. Denn der demographische Wandel mache es auch Mitgliedern mit Familie nicht immer leicht ihre Aufgaben wahrzunehmen. Deshalb wünscht sich auch Jens Grabbe, Wehrführer der freiwilligen Feuerwehr Porta Westfalica, mehr Unterstützung: „Zur Umsetzung unserer Ziele benötigen wir von vielen Seiten Unterstützung.“ Und das nicht nur von Seiten der Stadt und ihren Bürgern, sondern vor allem auch von den jeweiligen Lebenspartnern und Arbeitgebern. Denn die Folgen einer schrumpfenden freiwilligen Feuerwehr sind schnell nachzuvollziehen. „Wenn eine Kommune nicht mehr in der Lage ist den Brandschutz mit einer freiwilligen Feuerwehr zu gewährleisten, ist sie per Gesetz verpflichtet eine sogenannte `Pflichtfeuerwehr´ einzurichten“, erklärt Förster. Die Kosten seien schwer abschätzbar, koste die Kommune aber ein vielfaches mehr als die Freiwillige.
Um dem demographischen Wandel entgegenzukommen, haben Minden, Porta und Petershagen als ersten Schritt eine Ausbildungsgemeinschaft gegründet, wodurch die Grundausbildung nicht nur am Wochenende stattfinden muss, sondern bei Bedarf auch abends unter der Woche. Auch Frauen und Menschen mit Migrationshintergrund seien als Mitglieder und Helfer willkommen. Allerdings gibt Heino Nordmeyer zu bedenken, dass in einigen muslimischen Ländern der Feuerwehrmann kein angesehener Beruf sei und es deshalb schwierig sein könne, Menschen aus diesen Herkunftsländern für das Ehrenamt zu begeistern. Hier bedarf es noch einer besonderen Aufklärungsarbeit, um auch diese Menschen zu begeistern und mitzunehmen.