38 Prozent mehr Grundsteuer B sorgen für Diskussionen
Stadt will Hebesatz erhöhen
Die Stadt Porta Westfalica muss im Jahr 2016 als Stärkungspaktkommune eine schwarze Null schreiben. Das Loch zu stopfen ist, vor allem für ländlich gelegene Kommunen, nicht immer einfach. Woher also das Geld nehmen? Eine Abgabenerhöhung liegt da auf der Hand. Die geplante Erhöhung steht somit schon länger fest. Doch die Höhe von etwa 38 Prozent sorgt nun für Widerstand aus den Reihen der Grundstückseigentümer, Bürger und auch von Haus & Grund.
Mit einer Hebesatzerhöhung von 429 auf 590 Prozentpunkte wird die Grundsteuer B um fast 38 Prozent in Porta Westfalica erhöht. Das trifft nicht nur Grundstücks- und Hauseigentümer, sondern zwangsläufig auch Mieter, die diese als umlagefähige Nebenkosten gegebenenfalls mittragen müssen. Die Stadtverwaltung erklärt die Entscheidung zur Anhebung des Hebesatzes mit den Kosten für die Kinderbetreuung. „Der Hebesatz wird angehoben, da die Stadt vor der Entscheidung gestanden hat, die Elternbeiträge für Kindertagesstätten oder Tagespflege und den offenen Ganztag um ein Gesamtvolumen von etwa 700.000 Euro zu erhöhen. Dies hätte zu einer außerordentlichen Belastung der Familien geführt. Politik und Verwaltung haben daher entschieden, die Elternbeiträge moderat anzuheben und den Fehlbetrag über die Steuer zu generieren“, erklärt Pressesprecherin Babette Lissner die Entscheidung der Stadt. Weiter seien Kinder die Zukunft unserer Gesellschaft und ihre Erziehung nicht nur eine private, sondern auch eine gesellschaftliche Aufgabe. „Ferner wurde der Ansatz für die kommunale Straßensanierung um 300.000 Euro jährlich erhöht“, erklärt Lissner weiter. Hiervon hätten alle Bürger etwas, da die Stadt es sich zum Ziel gemacht habe die Lebensdauer der Straßen zu verlängern. Auch zur Schuldentilgung der Kassenkredite sei die Steuererhöhung gedacht. Man wolle den Schuldenstand reduzieren, um zukünftigen Zinsbelastungen zu begegnen.
Doch die Erklärungen der Stadt reichen für ein Verständnis für eine 38-prozentige Steuererhöhung auf Seiten der Bürger und Immobilienbesitzer nicht aus. Widerstand regt sich. Zuerst nur von ein paar wenigen, jetzt sind es schon einige hundert.
Aufmerksamkeit erlangte vor allem Dieter Kobusch, der seine Mitbürger bereits Ende des vergangenen Jahres öffentlich auf das Ausmaß der Steuererhöhung aufmerksam machte und Protestbriefe an seine Kunden im Friseursalon verteilte. Über den Bund für Steuerzahler erfuhr er von der Möglichkeit sich gegen eine Steuererhöhung zur Wehr zu setzen. „Da habe ich mir gesagt: Jetzt muss ich was machen! Und habe dort angerufen.“ Dieter Kobusch bekam vorgefertigte Formulare zugesendet, die er dann an Freunde, Bekannte, Nachbarn und auch seine Kunden verteilte, um jedem die Möglichkeit zu geben sich gegen die Erhöhung zur Wehr zu setzen. „38 Prozent mehr Grundsteuer B sind schon fast sittenwidrig und Wucher“, äußert sich Kobusch zu der städtischen Entscheidung. „Außerdem gibt es viele ältere Menschen, die sehr wenig Rente bekommen. Die trifft es besonders hart“, erklärt er weiter. Sein Ärger richte sich auch gar nicht gegen eine Anhebung an sich, sondern gegen die massive Höhe der Anhebung. Also sammelt Dieter Kobusch weiter Beschwerdebriefe, die andere Bürger bei ihm im Laden abholen und dann wieder abgeben. Bereits 50 Beschwerdebriefe haben sich in der letzten Zeit bei ihm angesammelt. Insgesamt schätzt er, dass es über 1000 Briefe sein werden, die bei der Stadt eingegangen sind.
Und damit liegt er richtig. „Bürgermeister Hedtmann hat Verständnis für die Fragen seiner Mitbürger und nimmt den Protest, der sich mittlerweile in 1400 Schreiben ausgedrückt hat, sehr ernst“, kommentiert Babette Lissner den Bürgerprotest. Hier sei einmal mehr der Anlass gegeben über die Stadt öffentlich ins Gespräch zu kommen. „Wie bereits mehrfach angekündigt, wird nach den Osterferien eine öffentliche Veranstaltung zum Bürgerhaushalt stattfinden“, gibt Lissner Auskunft. Die Bürgerschaft könne sich dabei konstruktiv in die Entscheidungen der politischen Gremien über den Bügerhaushalt mit einbringen.
Am 03. Februar sollen die Beschwerden bereits im Haupt- und Finanzausschuss beraten werden. „Alle, die mit der Grundsteuererhöhung nicht zufrieden sind und etwas dagegen unternehmen möchten, sollten Ihren Beschwerdebrief also bis zum 03. Februar der Stadt zukommen lassen“, muntert Dieter Kobusch all diejenigen auf, die sich bisher noch nicht getraut haben. Auch Haus&Grund schließt sich dem Aufruf an und berichtet, dass ein Grundsteuermessbetrag aus den 1970er Jahren von 126 Euro in den 1990er Jahren bereits bei fast 380 Euro lag, im Jahr 2004 auf 480 Euro gestiegen ist und bei der geplanten Erhöhung heute bei etwa 743 Euro liegen würde. Das sei eine Steigerung von durchschnittlich 82 Prozent alle zehn Jahre.
Beschwerdeformulare gibt es im Friseursalon Kobusch an der Vlothoer Straße in Holzhausen und bei Haus & Grund Porta Westfalica am Kiekenbrink. Ein Musterbrief steht auch auf der Internetseite www.steuerzahler-nrw.de unter der Rubrik Stadt&Land/Die Finanzen der Kommune zum Download bereit.