Die rechte Szene in Minden

Die rechte Szene in Minden

Immer selbstbewusster, immer organisierter

Ihr Arm reicht inzwischen bis in die Mitte der Gesellschaft. Sie kommt in Anzügen, trägt Hemd und Krawatte. Oder gibt sich betont hip, in sportlichen Kapuzenpullis mit subtilen Aufschriften. Sie ist gegen „kulturelle Überfremdung“, gegen die Globalisierung und gegen Multikulti: Die „Neue Rechte“.

Der Verein „Minden gegen Rechts“ – ein Netzwerk gegen Rechtsextremismus in Minden – blickt besorgt auf eine „immer selbstbewusster auftretende“ rechte Szene in Minden: „Wir beobachten, dass sie sich aktuell massiv mobilisiert und neu organisiert – auch über die Landesgrenzen hinaus.“ Personell und ideologisch seien die Rechten breiter aufgestellt als in der Vergangenheit. „Neben der militanten Kleinstpartei ‚Der Dritte Weg‘ und der rechtspopulistischen AfD machen mittlerweile auch die ‚Identitäre Bewegung‘ und einige Rechtsautonome um den bekannten Nazi Marcus W. auf sich aufmerksam,“ sagt ein Sprecher der Gruppe.

„Der III. Weg“ sei die organisierteste und militanteste rechte Bewegung. Ihre Wurzeln hat die Kleinpartei in Süddeutschland, Minden ist einer ihrer wenigen „Außenposten“. Das zeige, wie gut die lokalen Anhänger vernetzt sind. Gegründet hatte sich der Mindener Ableger im Oktober 2014 – am Kaiser-Wilhelm-Denkmal in Porta. „Minden gegen Rechts’“ schätzt die Mitgliederzahl nach eigenen Recherchen auf 25-30 Aktive. Der Verfassungsschutz bezeichnet die Partei als rechtsextrem und neonazistisch. Programm und Vokabular speisen sich aus der alten „Blut-und-Boden-Ideologie“. Auf öffentliche Märsche und Demonstrationen verzichtet die Partei. Ein Gemeinschaftsgefühl versucht sie durch Wanderungen und Kulturausflüge zu erzeugen, wie ins Hiller Moor oder ins Preußen-Museum. Strafrechtlich auffällig ist die Partei bis dato nicht geworden.

Ein Ableger der rechtsextremen Partei „Der III.Weg“ hat sich im Oktober 2014 am Kaiser-Wilhelm-Denkmal gegründet.

Ein Ableger der rechtsextremen Partei „Der III.Weg“ hat sich im Oktober 2014 am Kaiser-Wilhelm-Denkmal gegründet.

bad nenndorf

Verfolgt der „III. Weg“ noch ein klassisches rechtsextremes Programm, so sei die sogenannte „Identitäre Bewegung“ schon „schwieriger zu greifen“. Die „Identitäre Bewegung“ versteht sich als freie Gruppe und Teil einer intellektuellen neuen Rechten, offenen Rassismus lehnt sie nach eigener Darstellung ab. Man achte zwar jede Ethnie und Kultur, jedes Volk solle gleichwohl in seinem angestammten Territorium bleiben. „Jedem Volk sein Land, jedem seine Freiheit!“, heißt es auf der offiziellen Internetseite. Man kämpfe gegen Überfremdung, Masseneinwanderung und Islamisierung. Auftreten und Symbolik sind an die Popkultur und die linke Aktivistenszene angelehnt. Die Gruppe ist sehr heterogen und gut vernetzt über die sozialen Medien. „Die ‚Identitäre Bewegung‘ schwimmt im Kielwasser der AfD und versucht bürgerliche Schichten mit gewissen Bildungsstandards zu erreichen“, heißt es vonseiten „Minden gegen Rechts“. In den vergangenen Monaten ist die „Identitäre Bewegung“ mehrmals in Minden in Erscheinung getreten, hat Aufkleber und Banner im ganzen Stadtgebiet verteilt – an Brücken, Wänden und Geländern. „Wie viele Anhänger die ‚Identitären‘ insgesamt in der Region zählen, lässt sich nur schwer sagen, da sie offen operiert“, sagt der Sprecher.

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Die größte Gefahr sehe man in den gewachsenen Strukturen der „Neuen Rechten“ und „im puren Potenzial“ in und um Minden. Rechte seien heute nicht mehr eindeutig zu identifizieren – „Springerstiefel gehören für die meisten Nazis der Vergangenheit an, heute muss nur noch die Gesinnung stimmen.“ Ein Teil der gesellschaftlichen Mitte werde im Zuge der Asyl- und Flüchtlingsdebatten empfänglicher für Rechtspopulismus. „Das nutzen Strukturen wie die ‚Identitäre Bewegung‘, der ‚III.Weg‘ und die rechtsautonome Szene natürlich aus, werden öffentlich präsenter.“ Das bleibe nicht ohne Folgen. „Je offener die Rechten auftreten, desto mehr Leute können sie erreichen. Die Gefahren decken das gesamte Spektrum ab. Ein hohes Risiko für Geflüchtete im öffentlichen Raum und in den Unterkünften, aber auch für linke und alternative Jugendliche abends in Clubs und auf den Straßen“, warnt das Bündnis „Minden gegen Rechts“.