Lihra meint …
Widersprüche
In der Nacht, bevor ich diese Kolumne geschrieben habe, konnte ich nicht einschlafen. Viele Dinge gingen mir durch den Kopf. Übermorgen musst du den Artikel abgeben. Was schreibst du? Worüber? Und um Vieles mehr machte ich mir Gedanken. Schlaflos in Minden.
Als ich so vollgestopft mit Gedanken in meinem Bett lag, ging ich seltsamerweise vom Bahnhof aus in die Innenstadt. Warum kann ich nicht sagen, denn ich fahre selten mit der Bahn. Aber in dieser Nacht kam ich wohl mit dem Zug in Minden an und ging zu Fuß in die Stadt. Welch ein schlechtes Bild eröffnete sich mir. Schon die Unterführung vom Vorplatz des Bahnhofs zur Kaiserstraße. Grausam! Dunkel, defekte Lampen und überall Schmierereien an den dreckigen Wänden. Einfach zum Fürchten. Was müssen Besucher unserer Stadt für einen ersten Eindruck bekommen.
Jetzt tat ich etwas in meinen Gedanken, was ich sonst nicht machen würde. Ich ging ein Stück in die Friedrich-Wilhelm-Straße hinein. Auf der linken Seite der ehemalige Güterbahnhof. Welch ein schmuddeliges Gelände. Heruntergekommen ohne Ende. Warum tut hier niemand etwas. Potential ist hier doch vorhanden. Hier kann doch wirklich etwas entstehen. Was ist mit dem Kino? Mit einer Disco? Warum liegt das alles brach, schon fast in Schutt und Asche? Unverständlich. Widersprüche!
Schutt und Asche? Richtig, ich ging noch ein paar Meter weiter. Da sah ich die ehemalige Bahnhofskaserne. Nach dem Brand liegt sie nun schon lange in Schutt und Asche. Was tut sich hier? Ist das ein Renommee für Minden? Welchen Eindruck bekommt ein Besucher! Liegt dieses Weserufer denn niemandem am Herzen? Meine Gedanken zwangen mich weiterzulaufen. Auf der rechten Seite sah ich die ehemalige Firma Röber. Ebenfalls ein Schutthaufen. Ein fürchterliches Bild. Ich konnte nicht mehr, ich musste zurück. Weg von hier. Und bog dann in die Hafenstraße ein, um in die Innenstadt zu gehen. Und das war es schon wieder, das Grauen. Die Ruine der ehemaligen WCG. Fensterlos, wahrscheinlich einsturzgefährdet. Und das an solch einem tollen Platz. Hier könnten hochwertige Wohnungen entstehen, mit Blick auf die Weser. Fantastisch, was kann hier entstehen. Vielleicht auch ein kleiner Hafen mit Privatbooten, etc. Widersprüche!
Dann ging ich über die Weserbrücke und sah auf der rechten Seite die Schlagde. Wie trostlos dieser Platz. Zum Parkplatz verkommen. Warum nutzt man ihn nicht vernünftig? Als Feiermeile. Aber diese Frage stellte ich schon. Widersprüche! Ich ging zur Schiffmühle. Welch ein tolles Objekt. Mit der Gastronomie, der Weserpromenade, Lesungen innen. Einfach schön. Widerspruch zu dem bisher gesehenen. Ich ging am Menzel Brunnen vorbei, am alten Regierungsgebäude. Wunderschön und demnächst ungenutzt? Das kann und darf doch nicht wahr sein. Widersprüche!
Weiter zum Dom. Welche Stadt hat schon solch ein beeindruckendes Bauwerk? Der schöne Marktplatz mit dem historischen Rathaus, das Einkaufshaus Hagemeyer mit Großstadtflair und ebensolchem Angebot. Die neue Pflasterung der Bäckerstraße und des Scharns. Der neugestaltete Marktplatz, die vielen historischen, gepflegten Häuser, die Museumszeile. Minden hat so viel zu bieten. Wunderschöne Cafés und Bistros, Restaurants und Biergärten. Man kann sich in Minden sogar wie in einem Auslandsurlaub fühlen. Es gibt ein Restaurant an der Ringstraße, da meinen Sie, Sie wären in der Türkei. Speisen wie am Bosporus. Stimmengewirr aus ganz Europa um einen herum. Ein Urlaub zwischen durch. Oder die vielen italienischen, griechischen, kroatischen und asiatischen Lokale. Mit Stehgeigern und Gesang am Tisch. Die Vielfalt dieser Welt ist bei uns zu Gast und heimisch geworden. Einfach schön. Aber Widersprüche zum Entree unserer Stadt.