So viel verdienen unsere Bürgermeister
„Privilegien, von denen andere Berufsgruppen nur träumen können“
Geringverdiener, Teilzeitkräfte, Solo-Selbstständige. Allen droht dasselbe Schicksal: Sie steuern auf Altersarmut zu. Aus ihren bescheidenen Löhnen folgen bescheidene Renten. Ein Teufelskreis, den die Politiker – unter anderem mit dem Mindestlohn – fieberhaft versuchen zu durchbrechen. Unsere gewählten Vertreter selbst gehören freilich zu einer Berufsgruppe, die vor solchen Problemen gefeit ist.
Zu den üppigen Besoldungen für Politiker gesellt sich nach der Karriere in der Regel noch ein lebenslanges Ruhegehalt. Doch wieviel eigentlich verdienen unsere kommunalen Wahlbeamten? Über welche Pensionsansprüche werden sie einmal verfügen? Und sind ihre Privilegien angebracht und noch zeitgemäß? Wir schauen auf Gehälter und Renten heimischer Bürgermeister und beleuchten das Für und Wider.
Als kommunale Wahlbeamte auf Zeit haben Bürgermeister einen Anspruch auf Besoldung nach dem Bundesbesoldungsgesetz. Es gilt: Je größer die Stadt, desto höher das Gehalt. Denn die Besoldungsgruppe richtet sich nach der Einwohnerzahl der jeweiligen Gemeinde/ Stadt und wird vom zuständigen Land festgelegt. Die Höhe der Aufwandsentschädigung orientiert sich an der Besoldungsgruppe.
Ein Bürgermeister kann nach seinem 45. Lebensjahr und mindestens achtjähriger Dienstzeit mit Ablauf seiner Amtszeit in den Ruhestand treten. Die Dienstzeit bezieht sich dabei nicht nur auf die Amtszeit als Bürgermeister, sondern umfasst Wehrdienst, oder vorherige Beamtenzeiten. Die Mindestversorgung beträgt 35 Prozent der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge und steigt je Jahr Dienstzeit um 1,91333 Prozent an. Der maximale Höchstruhegehaltssatz von 71,75 Prozent ist nach 28 Dienstjahren erreicht. Die Versorgung richtet sich nach dem Beamtenversorgungsgesetz.
Während in NRW eine zweite Amtszeit verlangt wird für Versorgungsansprüche, können die niedersächsischen Bürgermeister ihren lebenslangen Ruhestand bereits genießen, ohne jemals wiedergewählt worden zu sein. Dem Bund deutscher Steuerzahler (BdSt) sind diese Privilegien ein Dorn im Auge. „Es ist Bürgern nicht vermittelbar, wenn ehemalige Bürgermeister bereits mit Ende 30 oder in den vierziger Jahren lebenslanges Ruhegehalt beziehen“, meint Bernhard Zentgraf, Sprecher des BdSt.
„Nach nur einer Amtszeit beträgt die Pension bereits zwischen 2.000 und rund 3.500 Euro, je nach Einstufung. Ein Durchschnittsverdiener müsste in die gesetzliche Rentenversicherung zwischen 71 und 124 Jahre einzahlen, um auf eine Rente in dieser Größenordnung zu kommen“, bemängelt Zentgraf die fehlende Verhältnismäßigkeit.
Zum Vergleich: Eine Person, die 45 Jahre das Durchschnittseinkommen von derzeit rund 30.000 Euro pro Jahr verdient und entsprechende Beiträge in die Rentenversicherung einzahlt, kann mit einer Altersrente in Höhe von 1.224 Euro rechnen.
Gleichwohl räumt Zentgraf ein: „Das Bürgermeisteramt muss auch in finanzieller Hinsicht attraktiv gestaltet sein. An der Spitze der Städte und Gemeinden sind fähige, motivierte und qualifizierte Personen unabdingbar. Dafür brauchen sie materielle Unabhängigkeit, die zeitlich sicherlich auch über die direkte Amtszeit hinausreichen muss.“ Aussagen, die Mike Schmidt unterschreiben würde. Der 38-Jährige CDU-Politiker ist Samtgemeindebürgermeister von Nenndorf und seit dem 1. November in Amt und Würden. „Es ist wichtig, dass guten Leuten finanzielle Anreize angeboten werden, damit sie den sicheren Hafen ihrer vorherigen Jobs verlassen und kandidieren. Zur Verantwortung als Bürgermeister kommt ein enormes Arbeitspensum – die 40-Stunden-Woche habe ich oft am Mittwoch voll. Pro Tag arbeite ich zwischen 20 und 30 Themenkomplexe ab“, erzählt der jüngste Bürgermeister Schaumburg-Lippes aus seinem Arbeitsalltag.
Trotzdem betrete er das Rathaus jeden Morgen mit einem Lächeln – die Arbeit mache ihm Spaß. Die Privilegien für seinen Ruhestand empfindet er als sinnvoll. „Ich war vorher Polizeivollzugsbeamter auf Lebenszeit. Mit dem Schritt in die Berufspolitik bin ich ein Wagnis eingegangen, da eine Rückkehr in meinen alten Job nach einer möglichen Abwahl rechtlich ausgeschlossen ist.“ Ohne die Ruhegehaltsansprüche würde er das Amt nicht bekleiden.
„Ich bin verheiratet und Vater dreier Kinder. Im Falle meiner Abwahl stünden meine Familie und ich ohne eine gesicherte Pension vor dem Nichts“, erklärt der Christdemokrat.
Gegen eine angemessene Vergütung und Rente für Amtsträger hat auch Bernhard Zentgraf nichts einzuwenden, bei niedersächsischen Hauptverwaltungsbeamten jedoch sei „das rechte Maß überschritten“.
So oder so, die Gehälter und Pensionansprüche unserer kommunalen Wahlbeamten sind, im wahrsten Sinne, ein Politikum. Die nächste Bürgermeisterwahl in Nenndorf liegt übrigens in weiter Zukunft – in sieben Jahren. An eine Rente mit dann 45 Jahren mag Schmidt noch nicht denken: „Ich bin nicht Bürgermeister geworden, um Pensionen zu kassieren. Ich möchte effektiv Politik gestalten und wiedergewählt werden.“