Zu Besuch in einer Flüchtlingsunterkunft in Bückeburg

Zu Besuch in einer Flüchtlingsunterkunft in Bückeburg

Viele Menschen, wenig Wohnraum

 
Mahfaza Haj-Hussein öffnet den Ofen. Ein würziger Duft steigt auf. Sie steht schon seit ein paar Stunden in der Küche und bereitet die kurdische Spezialität Kubbe vor. Kleine frittierte Hörnchen aus Hartweizengries und Bulgur, gefüllt mit Rindfleisch und Kräutern. Die Zubereitung ist sehr aufwändig, deshalb gibt es Kubbe nur zu besonderen Anlässen. Unten im Garten des Mehrfamilienhauses warten derweil viele hungrige Gäste: Menschen aus der Nachbarschaft und die neuzugezogenen Familien aus Tschetschenien, Albanien und Syrien. Um die Gemeinschaft zu fördern, hatte der AWO Ortsverein Bückeburg zum Grillfest geladen.
 
„Die deutsche Sprache ist sehr schwierig. Und man muss lernen sich anzupassen“, sagt Dilwin Surchi. Die junge Irakerin ist mit 14 Jahren nach Deutschland gekommen. Große Angst habe sie damals gehabt, erzählt sie. Wenn sie spricht merkt man heute kaum, dass deutsch nicht ihre Muttersprache ist. Sie kann gut nachvollziehen, wie es den sechs Familien geht, die derzeit in der Bückeburger Flüchtlingsunterkunft im kleinen Ortsteil Meinsen leben. „Eine junge Frau hier hat mir gesagt, dass es schrecklich für sie ist, nichts zu verstehen“, sagt Surchi. Wir sitzen auf Bierzeltbänken im Garten des Mehrfamilienhauses. Kinder wuseln zwischen Tischen und Stühlen herum. Pusten vergnügt schillernde Seifenblasen in die Luft. Um Ängste abzubauen und Ablehnung vorzubeugen, hat der AWO-Sozialarbeiter Mehmet Ruzgar viel Aufklärungsarbeit geleistet. Noch bevor die sechs Familien im zuvor leerstehenden Mehrfamilienhaus am Rande Bückeburgs eingezogen waren, klingelte er an jeder Tür im Ortsteil und informierte die Anwohner über ihre neuen Nachbarn. Auch die Kirche hilft mit. Stellt beispielsweise Räume für Deutschunterricht zur Verfügung, den ein Ehrenamtlicher geben will.
 
Anfang des Jahres sollte der Landkreis Schaumburg 370 Flüchtlinge aufnehmen. Weil aber immer mehr Menschen aus Krisengebieten nach Deutschland kommen, sind es mittlerweile 15 bis 20 Menschen pro Woche zusätzlich. Die Zuständigen suchen nun fieberhaft geeignete Unterkünfte in jeder Gemeinde des Landkreises. Ein ehemaliges Altenheim im Kurort Bad Eilsen wurde kürzlich von seinem Besitzer zur Nutzung für Flüchtlinge freigegeben. Nach diversen Umbauten will der Landkreis es fünf Jahre anmieten. Ein weiteres Gebäude, welches bereits von Flüchtlingen bezogen wurde, sorgte für Unmut in der Bevölkerung – sogar ein Anwalt fühlte sich auf den Plan gerufen, weil die Anwohner nicht informiert wurden. Mittlerweile hat sich die Lage beruhigt, Kirchengemeinde und Sozialarbeiter konnten die Wogen glätten.
 
Der Landkreis Schaumburg arbeitet nach dem „Leverkusener Modell“: Die Flüchtlinge sollen in Privatwohnungen leben. Also mit direktem Anschluss an die Einheimischen. So sollen Ghettos vermieden und schnelles Lernen der Sprache gefördert werden. Sozialarbeiter Ruzgar, kümmert sich vor Ort um die Eingliederung der Flüchtlinge und agiert als Ansprechpartner für die Nachbarn. Demnächst soll es weitere Informationsabende für Anwohner geben. Oder eben Grillabende zur Völkerverständigung.