Literatur made by Burkhard Hedtmann
„A Tännschen, please!“
Wer Burkhard Hedtmann besuchen will, kann das Haus gar nicht verfehlen. Markantes Wahrzeichen aus neuerer Zeit ist die Graffiti-Kuh am Garagentor. Da hatte er mal in der Öffentlichkeit geäußert, er fände dieses tierische Markenzeichen, das an unterschiedlichsten Orten von Minden zu sehen ist, prima und er würde sich auch über solche malerische Gestaltung freuen: In einer Nacht- und Nebelaktion war der Wunsch erfüllt!
Das Haus selbst atmet noch den Geist des Kleinen Burk-Theaters: bunt, frech, frisch. Überall an den Wänden Zeitungsausschnitte und Fotos, da und dort die Unterschriften der Besucher, die sich hier einst vergnügten. Fast macht es den Eindruck, als würde gleich am Abend die nächste Veranstaltung steigen. Die Bühne steht parat, nur die Stühle müssten noch platziert werden…
Burkhard Hedtmann ist Jahrgang 1957. Gebürtig in Maaslingen, absolvierte er das Herder-Gymnasium in Minden und schloss ein Studium an der Bielefelder Uni an. Fachrichtung Pädagogik, mit Schwerpunkt Deutsch/Germanistik und Sportwissenschaften). Seit 1993 arbeitet er am Berufskolleg vom Wittekindshof, wo sozialpädagogische Berufe gelehrt werden. Er unterrichtet Deutsch, Politik und Gesundheit. „Das ist mein Traumberuf. Und sollte ich noch einmal auf die Welt kommen, dann würde ich wieder Lehrer werden“, gesteht er.
Nun ist der Beruf das eine, die Berufung mit der Literatur das andere. Elfjährig entstand sein erster Text. „Ich erinnere mich noch ganz genau an dieses Gedicht, das von Willy Brandt handelte.“ Allerdings war Burkhard Hedtmann auch von Anfang an Fußballfan durch und durch. Und da die Eltern beide nicht so „literaturaffin“ waren, wurde der Schwerpunkt doch mehr in Richtung Sport gelegt. Das Studium musste er sich selbst finanzieren und machte das als Fußballtrainer. Wobei ein Faible für Rezitation schon frühzeitig vorlag. Lieblingsschriftsteller: Tucholsky, Kästner, Ringelnatz, Morgenstern…
Der frühe Tod der Eltern brachte ihm die ganze, scheinbar geordnete Lebensplanung durcheinander. Die Mutter war schwer erkrankt und starb mit 58 Jahren, der Vater folgte im Jahr darauf 62-jährig. Zeit zum Umdenken, zum Zu-sich-Finden. Was Burkhard Hedtmann intensiv tat und im Januar 1990 spontan das Burk-Theater ins Leben rief. Anderthalb Jahre kämpfte er mit seinem Wohnzimmertheater, bis ein Anruf von RTL kam. Die hatten einen Szenetipp in einem Magazin gelesen. Der Sendung dort folgte eine Aktion des WDR, schlagartig explodierte alles im positiven Sinne. Von Bielefeld bis Wunstorf kamen die Zuschauer angereist und nach drei Jahren hatte das kleine, feine Theater Kultstatus weit über die Region hinaus. Das Publikum war hingerissen von dem charismatischen Mann, auch weil es so was „vom platten Land“ einfach nicht erwartet hatte. Dreizehn Jahre lang, bis 2002, lud Burkhard Hedtmann regelmäßig in seine vier Wände ein.
Was mit Rezitationen vorwiegend heiterer Lyrik und Prosa von namhaften Autoren begann, erfuhr mehr und mehr einen Wechsel. Ganz allmählich baute der Künstler eigene Texte, ganz persönliche und auch sehr ernste ein. Was das Publikum zunehmend einforderte. „Das Schreiben selbst macht mir allerdings gar keinen so großen Spaß“, räumt Burkhard Hedtmann ein. „Der Reiz liegt dann in der eigentlichen Bearbeitung und im Feilen bis zuletzt. Ich kann stundenlang über ein WEIL oder ein DA nachdenken.“
Von den Zuhörern kam die Ermutigung, ein erstes eigenes Buch herauszubringen. Nach dem erfolglosen Anschreiben von zwei Verlagen beschloss Burkhard Hedtmann, die Sache selbst in die Hand zu nehmen und gründete einen Verlag. „Nur vom Allerwichtigsten“ erschien zuerst, darin Gedichte und Texte von ihm. „Bis ich groß bin“ war das zweite Buch, dem „Fallen oder Fliegen“ folgte. „Balanceakt“ hieß Nummer vier, „Zugabe“ dann das fünfte Werk und im vorigen Jahr kam „Weihnachten – die ganze Wahrheit“ als sechstes Buch heraus. Fast alle sind ausverkauft und nur noch antiquarisch zu haben.
Was regt einen Autor an zu schreiben? „Traurigkeit“, sagt Burkhard Hedtmann spontan. „Mit dem Schreiben habe ich versucht, den Verlust meiner Eltern und ihr Sterben zu kompensieren.“ Das trifft auf jeden Fall auf seine Anfänge zu. Denn er ergänzt auch gleich: „Meine Triebkraft ist, Menschen zum Lachen zu bringen und ihnen den Alltag zu verschönen. Das dann aber nicht albern-oberflächlich, sondern mit einem ernst-philosophischen Hintergrund. Die Hörer/Leser sollen reflektieren! Lautes, grobes Gelächter mag ich nicht.“
Wo findet man Inspiration? Auf Reisen selbstverständlich und „ich brauche meinen Garten“, unterstreicht Burkhard Hedtmann. Das Wichtigste aber überhaupt ist sein Mann Abdin – die beiden haben am 7.7.2007 geheiratet. „Er hat mein Leben in eine andere Dimension geführt. Ich schreibe jetzt nicht mehr nur über die Liebe, ich lebe sie nun Tag für Tag.“
Nächste Termine: 10. Oktober 2014, 19.30 Uhr, Biologische Station, Gewölbe, „Was ich noch erzählen wollte…“ (literarisch-musikalischer Kleinkunstabend mit Burkhard Hedtmann, Musik Matthias Lüke). 11. Oktober 2014, 19.30 Uhr, Alte Schule Wietersheim, „Was ich noch erzählen wollte…“ Dann startet das 9. Burk-Theater-Weihnachtsspezial: „A Tännschen, please!“ mit Burkhard Hedtmann & Guido Meyer, Musik Sönke Grunwald. Termine: 28., 29., 30.11. und 05., 06., 07.12. 2014, 20.00 Uhr, Kleines Theater am Weingarten, Minden. Wer später einmal Texte zu Hause hören möchte, darf sich auf den August 2015 freuen. „Dann erscheint wohl mein erstes Hörbuch, dessen Einnahmen auch komplett an die Mindener Tafel gehen sollen“, berichtet der sozial engagierte Künstler Burkhard Hedtmann.
Andrea Gerecke