MiKu trifft...Wedad Usu, syrische Praktikantin bei FairSchnitt in Minden

MiKu trifft…Wedad Usu, syrische Praktikantin bei FairSchnitt in Minden

Waschen, schneiden, leben

Ein Freitagnachmittag sei es gewesen. Sie habe einfach in der Tür ihres Frisörsalons gestanden und nach einem Praktikumsplatz gefragt, erinnert sich Birgitt Müller, Inhaberin von FairSchnitt in Minden, an ihre erste Begegnung mit Wedad. Sehr freundlich sei die junge Syrerin aufgetreten, und „obwohl ihr Deutsch noch sehr schlecht war, wollte ich ihr die Chance auf ein Praktikum bei uns geben“, erzählt Birgitt Müller.

al-Hasaka, Hamburg, Minden

„In Syrien habe ich sechs Monate als Frisörin gearbeitet, dann mussten wir unsere Heimat leider verlassen“, sagt Wedad Usu, 24. Vor circa drei Jahren ist sie aus al-Hasaka im Nordosten des Landes nach Deutschland geflohen. Warum sie mit ihrer Familie geflüchtet ist, wie ihre Reise ausgesehen hat, das will sie uns nicht verraten. Nach einem sechsmonatigen Zwischenstopp in Hamburg zog es die Familie 2014 nach Minden. „In Minden wohnen bereits viele Verwandte, die Deutsch sprechen und uns helfen können im Alltag. Deswegen sind wir hierher gekommen“, erzählt Wedad. Gemeinsam mit ihren Eltern, drei Schwestern und zwei Brüdern lebt sie nun in einer Wohnung in Minden-Rodenbeck. „Minden ist auf jeden Fall ruhiger als Hamburg“, sagt sie und ein leichtes Lächeln legt sich auf ihre Lippen. Mit der deutschen Sprache tut sich die 24-Jährige noch schwer. „Aber es wird immer besser.“

Vormittags Sprachkurs, nachmittags Praktikum

Seit 2015 ist Wedad asylberechtigt, seitdem nutzt sie auch ihren Anspruch auf Sprachkurse. Den ersten Abschluss hat sie bereits in der Tasche, sie verfügt über Sprachkenntnisse der Stufe B1. Neun Monate hat sie dafür gebraucht, Regelzeit. Seit Anfang März tastet sie sich ans nächsthöhere Sprachniveau heran, der B2-Lehrgang wird vier Monate dauern. Vormittags besucht die Syrerin den Sprachkurs beim Arbeitsamt Minden, dienstags und donnerstags jeweils geht sie danach von 14 bis 18 Uhr zu FairSchnitt. Freiwillig. Den Arbeitsweg geht Wedad bequem zu Fuß, zwischen Wohnung und Frisörsalon liegen nur wenige hundert Meter. Die Arbeit mache ihr viel Spaß, „das Team ist nett, wir verstehen uns super.“ In ihrer Heimat habe sie nur Frauen die Haare geschnitten. „Frauen- und Männersalons sind bei uns getrennt“, erklärt Wedad. „Ich muss erst lernen, wie man die Haare in Deutschland schneidet.“ Die Zeugnisse von ihrer Frisörlehre in Syrien hat sie inzwischen an die Handwerkskammer Ostwestfalen-Lippe geschickt. Dort werden die Papiere übersetzt, ausgewertet und anerkannt – oder abgelehnt. Wann das soweit ist, wisse sie nicht. In Minden hat sie noch keinem Kunden die Haare geschnitten. Noch schaut sie ihren Kolleginnen und Kollegen bei FairSchnitt nur über die Schulter. Noch übt sie nur an Frisörpuppen. Wedad bringe reichlich Fleiß und Talent mit, ihre Deutschkenntnisse würden aber noch nicht ausreichen, um auf die Wünsche der Kunden eingehen zu können, sagt Birgitt Müller.

Wedad bürstet und teilt die Nackenpartie der Puppe in drei gleichmäßige Strähnen, dreht das dunkelblonde Haar zu schmalen Zöpfen. Wenn Wedad sprachlich soweit ist, würde Birgitt Müller ihr gerne einen Ausbildungsvertrag anbieten.