Rad-Autobahn von Minden nach Herford?

Rad-Autobahn von Minden nach Herford?

Der Radverkehr boomt

Eine Autobahn für Radfahrer – ein Traum für jeden Berufspendler und ambitionierten Freizeitfahrer. Dazu am besten kreuzungs- und konfliktfrei, ohne Fußgänger und mit Mindestgeschwindigkeit. Doch von diesem Traum ist man noch weit entfernt. Konflikte müssen gelöst werden, mögliche Routen erschlossen und getestet. Es gibt viel zu tun.

Was ist eigentlich eine Autobahn? Egal ob um eine Stadt herum, an ihr vorbei oder über Land – eine Autobahn ist eine in beiden Richtungen strikt getrennte, mehrspurige Schnellstraße. Sie bündelt den Verkehr und beschleunigt ihn, da Dank ihrer speziellen Zu- und Ausfahrten bevorrechtigtes Fahren ohne Gegenverkehr erlaubt ist. Alle Verkehrsteilnehmer müssen eine bestimmte Mindestgeschwindigkeit aufbringen können und auch Fußgänger haben auf solchen Straßen nichts zu suchen. So, oder so ähnlich, könnte sich auch ein Radschnellweg darstellen. In den Niederlanden, Dänemark und der Schweiz, aber auch in Großstädten wie London und New York, sind solche Schnellstraßen für Radfahrer bereits fest etabliert. Bereits 18 Radschnellwege gibt es derzeit in den Niederlanden und sieben weitere befinden sich im Bau. Nur in Deutschland werden diese Klima- und Gesundheitspotenziale bisher nicht ausgeschöpft. 60 Prozent der 30 Millionen deutschen Pendler nutzen immer noch täglich das Auto, wobei gut die Hälfte weniger als zehn Kilometer zurück legt. Dem will das Land NRW jetzt Abhilfe schaffen. Mit der „Arbeitsgemeinschaft Fahrrad- und Fußgängerfreundliche Städte und Gemeinden in NRW“ wurde der erste Schritt getan. Im Frühjahr 2012 begann der Facharbeitskreis damit Radschnellwege als neues und wichtiges Führungselement in Politik und Planung zu etablieren und einen Planungswettbewerb vorzubereiten. Und diesen hat neben Aachen, Düsseldorf, Köln und dem westlichen Münsterland, das Projekt Radschnellweg OWL, der mit einer Länge von 36,3 Kilometern von Minden nach Herford führen soll, gewonnen. Beteiligt an dem Projekt sind neben dem Kreis Herford auch die Städte Bad Oeynhausen, Herford, Löhne, Porta Westfalica und Minden. Mit einer geplanten Breite von vier Metern soll ein zweispuriger Radschnellweg für E-Bikes und Fahrräder entstehen, sodass in beiden Richtungen auch nebeneinander gefahren werden kann. Der Fußverkehr bekommt eine eigene Spur, um Konflikte zu vermeiden. Die Führung des Schnellweges soll so geplant werden, dass an Knotenpunkten wie Kreuzungen und Überquerungen keine Wartezeiten entstehen – ein Projekt, das so leicht nicht umzusetzen ist und umfangreiche Planungen erfordert.

Auf einer Strecke von 36,3 km wird ein Radschnellweg von Minden nach Herford geplant.

Auf einer Strecke von 36,3 km wird ein Radschnellweg von Minden nach Herford geplant.


Um solche Problempunkte zu ermitteln traf sich bereits im September eine Gruppe geladener Parteien, um mögliche Strecken von Minden nach Herford zu erproben. Schnell wurde dabei klar, dass es vor allem an Kreuzungen und in der Stadt Bad Oeynhausen noch Einiges zu bedenken gibt. Trotzdem stehen die beteiligten Städte dem Projekt weiterhin positiv gegenüber. „Die Stadt Minden hat sich frühzeitig positiv zu der Teilnahme an dem Gemeinschaftsprojekt positioniert, da dieses Projekt große Potenziale für den Radverkehr mit sich bringt“, erklärt Katharina Heß als Pressesprecherin der Stadt Minden den Entschluss. Weiter seien hinsichtlich der Entwicklung im Radverkehr, mit einer Zunahme der Alltagsradler und Pedelecs sowie der klimapolitischen Zielsetzungen, Projekte wie Radschnellwege Meilensteine für die Förderung und Attraktivitätssteigerung des Radverkehrs in Deutschland.

„Der Radverkehr boomt. Wir schaffen jetzt dafür die notwenige Infrastruktur." Michael Groschek, Verkehrsminister

„Der Radverkehr boomt. Wir schaffen jetzt dafür die notwenige Infrastruktur.“
Michael Groschek, Verkehrsminister


Verkehrsminister Groschek sieht das ähnlich:„Der Radverkehr boomt. Wir schaffen jetzt dafür die notwenige Infrastruktur, denn wir wollen in den nächsten Jahren einen Quantensprung beim Radverkehr in NRW schaffen.“ Gerade für Berufspendler sei das Rad eine gute Alternative zum Auto, denn für das Rad gäbe es gute Gründe: Mehr Rad und weniger Autos täten den Städten und Gemeinden genauso gut wie den Menschen, die sich mit dem Rad fortbewegen. Doch trotz des allseits tönenden Zuspruchs, stehen auch ernst zunehmende Kritikpunkte im Raum. So befürchten Mindener Glacisschützer beispielsweise eine Zerstörung der Natur, speziell des Glacis – dem Grüngürtel der Stadt. „Zur Zeit stehen zwei verschiedene Routen zur Disposition, die leider beide durch verschiedene Glacisabschnitte führen würden“, heißt es von Seiten der Glacisschützer.

„Wir sind absolut überzeugt, dass das Glacis bei einer solchen Radschnellstraße enormen Schaden nehmen würde, der nicht mehr zu korrigieren wäre.“ Christiane Linder, Mitglied der Glacisschützer

„Wir sind absolut überzeugt, dass das Glacis bei einer solchen Radschnellstraße enormen Schaden nehmen würde, der nicht mehr zu korrigieren wäre.“
Christiane Linder, Mitglied der Glacisschützer


Sollte die Trasse von vier Metern Breite durch das Glacis führen, sei dies eine Katastrophe für unseren Waldpark, der für viele ein Naherholungsgebiet sei. Die Natur würde durch das Abholzen alter Baumriesen und die Beseitigung von Flora und Fauna unwiederbringlich zerstört. „Wir sind absolut überzeugt, dass das Glacis bei einer solchen Radschnellstraße enormen Schaden nehmen würde, der nicht mehr zu korrigieren wäre“, erklärt Christiane Linder als Mitglied der Glacisschützer. Zwar würden auch sie als Glacisschützer gerne das Rad nutzen, aber nicht um jeden Preis. Die Natur zu zerstören, um schnell von A nach B zu kommen, widerspreche der Ökologie des Radfahrens. Als Alternative Route schlägt die Gruppe bereits existierende Auto-Straßen mit Tempo-30-Zonen vor, die außerhalb des Glacis entlangführen und als Fahrradstraßen ausgewiesen werden könnten. Wie die konkreten Planungen für das Teilstück in Minden aussehen, wird sich am 16. Dezember zeigen, wenn das beauftragte Planungsbüro PGV eine erste Machbarkeitsstudie präsentieren wird.