Die Erste Welt, Satire und Guinness

Die Erste Welt, Satire und Guinness

MiKu trifft … Zero/ Zero

Das Le Journal in der Ritterstraße versprüht markanten Charme. In der Ecke eine Wurlitzer-Jukebox. Ein Gabeltelefon aus mattem Bakelit. Hunderte Schallplattencover, die an bierflaschenbraunen Wänden hängen. Es ist Samstagabend und der Gastwirt zapft zwei perfekte Pints Guinness. Den Ort und Termin fürs Interview haben Stefan und Alex ganz offenbar mit Bedacht gewählt. Denn nicht nur das Le Journal ist ein Mindener Eigengewächs – die beiden Musiker sind ebenfalls welche. Seit knapp 10 Jahren mischen sie unter ihrem Alias Zero/ Zero die lokale Rapszene auf. Im April veröffentlichen sie mit „Erste Welt“ ihr zweites Studioalbum.

„Drei Handys sollt man hier schon erwerben, weil zwei davon gestohlen werden…“ Wildfremde Passanten, die einander beim Mitsingen und Summen der immergleichen, schmissigen Melodie ertappen. Mit „Minden“, einer Liebeserklärung an ihre Heimatstadt, ist Zero/ Zero ein Lokalhit gelungen. Drei Jahre ist das inzwischen her. Zero/ Zero – das sind die beiden Jugendfreunde Stefan Watermann (Tschi-ko) und Alex Mathiesen (Chazer one). Satirische, selbstironische Verse und synthetische, elektro-angehauchte Sounds: Auch auf „Erste Welt“ bleibt das Rap-Duo seinem Erfolgsrezept treu. „Hörer ändern sich – wir uns nicht“, versichert Stefan aka Tschi-ko. Der 28-Jährige ist verantwortlich für die Rapparts und Texte. „Meine Zeilen sollen die Leute zum Nachdenken anregen. Wir leben in Deutschland in einer oberflächlichen Gesellschaft, über die man sich nur lustig machen kann und auch muss. Viele Menschen hier leiden auf einem sehr hohen Niveau – das möchte ich ihnen ins Gedächtnis rufen mit meinen überspitzten Formulierungen. Wir nehmen einfach klassische Erste-Welt-Probleme aufs Korn“, erklärt Stefan Titel und Konzept des Albums. Dass Hörer seine Texte nicht verstehen und zu wörtlich nehmen, befürchtet er nicht: „Die Leute verstehen das schon. In den meisten meiner Zeilen winke ich ja schließlich nicht nur mit einem, sondern gleich mit zwei Zaunpfählen“, erzählt der Rapper mit einem Augenzwinkern.

Eingebettet werden Stefans Verse in treibende Elektrosounds, garniert mit eingängigen Hooklines und Autotune-Effekten. Endresultat ist der typische Zero/ Zero-Sound – entfernt verwandt vielleicht noch mit dem der Hamburger Band Deichkind. „Vom Stil her ist das neue Album die logische Weiterentwicklung unserer vorherigen Sachen. Wir machen elektronischen Hip Hop“, beschreibt Alex seine Produktionen auf „Erste Welt“. Der 27-Jährige kümmert sich in der Regel um alle Beats und Refrains – als Rapper tritt er selten bis nie in Erscheinung. Im Hause Zero/ Zero herrscht eben eine klare Arbeitsteilung: Stefan rappt, Alex produziert. Auf dem neuen Album hat Alex alle 13 Songs produziert. Sein Faible für synthetische Sounds hat der Student schon sehr früh entdeckt. „Ich habe schon als Kind viel Elektromusik gehört und diese Einflüsse findet man auch in meiner Musik. Mit der Zeit habe ich meine Beats dann verfeinert“, erzählt Alex von seinem musikalischen Werdegang.

Ganz auf sich allein gestellt sind Tschi-ko und Chazer one auf „Erste Welt“ dann aber doch nicht. Tatkräftig unterstützt werden sie unter anderem von ihren Labelkollegen von Ruffiction. Weitere Featureparts steuern der Bremerhavener Rapper Duzoe und Tamas von der bekannten Berliner Crew DeineLtan bei. Und auch ein Mindener Sänger ist auf einem Lied zu hören: Zusammen mit Mohammed Agil halten Zero/ Zero die Lokalfahne hoch. Stefan und Alex sind auf jeden Fall froh, wenn die „Erste Welt“-CDs im nächsten Monat endlich gepresst sind und unters (Mindener) Volk gebracht werden können – die Arbeiten am Album haben immerhin 1,5 Jahre gedauert. Alles in Eigenregie. Chartplatzierungen, goldene Schallplatten und Aufritte beim Super Bowl werden Zero/ Zero mit ihrem zweiten Album (vermutlich) nicht erreichen. Das ist auch okay so. Spaß und Freundschaft stehen bei Zero/ Zero im Vordergrund, wenngleich sie einräumen, dass „jeder Musiker am Ende auch Erfolg haben möchte.“ Wie dieser Erfolg aussehen soll, das weiß Stefan übrigens jetzt schon ganz genau: „Wir wollen Goldzähne tragen und einen Porsche Panamera fahren, ist doch klar oder?!“ Ironie aus.