10 Orte, die man in SHG gesehen haben muss Teil V: Bahnhof Obernkirchen

10 Orte, die man in SHG gesehen haben muss Teil V: Bahnhof Obernkirchen

Murmeln und Kichern, emsiges Treiben und das gemächliche Rattern des Schienenbusses als er in den Bahnhof einfährt. Es ist das Jahr 1902: eine Frau gekleidet im Jugendstil – mit Korsett in die berühmte S-Linie geschnürt und opulentem Hut, um sie herum feine Herren im Frack und ebenfalls behütet. Sie sitzen an einem Bistrotisch vor dem Gebäude des Obernkirchener Bahnhofs. So zeigt es eine alte Fotografie.

Noch gar nicht so lange ist es her, dass hier täglicher Schienenbusverkehr herrschte. Vor mehr als 111 Jahren fuhren die Züge auf einer Strecke von der Kreisstadt Stadthagen bis nach Rinteln quer durchs Schaumburger Land. Heute können die Besucher einmal im Monat immer sonntags mit dem historischen Schienenbus „Schaumburger“ fahren und diese historische Zeit noch einmal miterleben.

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Der Bahnhof Obernkirchen ist auf der Strecke so besonders, weil hier die Vergangenheit weiterlebt: Kommt man zu Fuß oder mit dem Auto und folgt dem Blechschild „Zum Bahnhof“ von der Rintelner Straße aus hinauf, erwartet einen eine Zeitreise zurück in die sechziger Jahre: Das große rote Backsteingebäude mit der schwarzen Uhr. Der erhöhte Bahnsteig, den man über eine kleine Steintreppe erreicht. Selbst der Fahrkartenschalter sieht noch immer aus wie damals. Zwar wurde die kleine Bahnhofsgaststätte mittlerweile renoviert, doch auch die junge Betreiberin hat den Charme aus über hundert Jahren erhalten. Nimmt man auf den gemütlichen Lounge-Möbeln Platz, lohnt sich ein Blick unter die Decke: die alte, bunte Tapete mit Wasserfleck erinnert an die längst vergangene Zeit.

Mord in der Gaststätte
Zurück zur Fotografie aus 1902: „Die habe ich in einer alten Kiste unten in der Luke entdeckt“, sagt Annika Dammer (Betreiberin der Bahnhofsgaststätte) und zeigt auf verstaubte, grüne Flaschen mit altem Drehverschluss. Bahnhofslimonade soll da mal rein und zum Verkaufsschlager in der Bergstadt Obernkirchen werden. Es sind die gleichen grünen Flaschen, die auf dem Bistrotisch auf dem Foto zu sehen sind. Die alte Bahnhofsgaststätte birgt auch ein kleines Geheimnis: Dort, wo jetzt der Tresen steht, befindet sich eine zugemauerte Holz-Luke. In den sechziger Jahren wurde dort der alte Bahnhofswirt Rudolf Gundlach tot aufgefunden. Ob es Mord oder ein Versehen war, ist bis heute nicht aufgeklärt. „Ich war da kurz unten. Man kommt kaum die Stufen hinunter, so eng ist das“, erzählt Dammer. Sie könne sich gut vorstellen, dass Gundlach unglücklich gestürzt sei und dadurch gestorben ist. Nachbarn dagegen meinen sich zu erinnern, dass er mit einem Aschenbecher totgeschlagen wurde.

Streckenreaktivierung
Der Förderverein Eisenbahn Rinteln Stadthagen (FERST) hat es sich unter anderem zur Aufgabe gemacht den alten Bahnhof und die Gleisstrecken in Schuss zu halten. Der FERST setzt sich aber auch dafür ein, dass auf der mehr als 111 Jahre alten Strecke bald wieder öffentlicher Schienenpersonenverkehr stattfindet. Einen entsprechenden Antrag wurde an das Land Niedersachsen bereits gestellt. Grob geschätzt sind dafür Kosten im zweistelligen Millionenbereich nötig, damit die Gleise hohe Geschwindigkeiten erlauben, barrierefreie Haltepunkte entstehen und die Bahnübergänge mit modernster Technik gesichert werden. Dazu kommen jährliche Ausgaben für die Streckeninstandhaltung und den laufenden Verkehrsbetrieb. Den Menschen solle durch die Reaktivierung attraktive Fahrzeiten in die Landeshauptstadt Hannover angeboten werden. Das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr (MW) stellt derzeit noch fest, welche von insgesamt acht Strecken grundsätzlich für erneuten Personen- und Güterverkehr in Frage kommen. Die Eisenbahn Rinteln-Stadthagen steht inzwischen auf Platz 6.

Nähere Informationen zur Bahnstrecke gibt es auf: www.der-schaumburger-ferst.de . Hier ist auch der Fahrplan für 2015 zu finden. Die Bahnhofsgaststätte „Mokka-Express“ öffnet: Mittwoch, Donnerstag, Samstag und Sonntag von 13 bis 18 Uhr. Freitags von 13 bis 22 Uhr. Samstags und sonntags gibt es zusätzlich Frühstück nach vorheriger Reservierung ab 10 Uhr. Der Bahnhof Obernkirchen liegt an der Bahnhofstraße 7 in 31683 Obernkirchen.