Blaulicht, Sirene und viel Ärger - Eine Nacht auf Streife mit der Polizei

Blaulicht, Sirene und viel Ärger – Eine Nacht auf Streife mit der Polizei

Eine Nacht mit der Polizei? Da sag ich nicht nein! Ich durfte zwei Mindener Polizisten bei ihrer Schicht in einer Freitagnacht begleiten. Aus meinem Umfeld wurde ich direkt mit Vorurteilen wie „Deck dich mit Donuts und Kaffee ein“ oder „Ach, ein Imbissbuden-Bummel?“ konfrontiert. Doch ich konnte mich vom Gegenteil überzeugen – Polizeiarbeit ist abwechslungsreich, spannend und oft sogar pädagogisch.

19.20 Uhr: Etwas verfrüht komme ich auf der Polizeiwache an und werde freundlich vom Polizeibeamten Frank Stollberg, der mich heute Nacht mitnimmt, begrüßt. Nachdem ich schriftlich versichern muss, dass die Polizei nicht haftet, falls mir in der Nacht etwas zustößt – ich schicke jetzt schon Stoßgebete zum Himmel – werde ich auf der Wache rumgeführt. Sogar die „Ausnüchterungszellen“ darf ich mir angucken. Eine Zelle ist sogar belegt – der Insasse macht deutlich, dass er die Örtlichkeit gern verlassen würde.

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„Manche rufen hier auch an, wenn sie nicht schlafen können“,

erklärt mir Dienstgruppenleiter Carsten Sprengel.

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20.13 Uhr: Gerade erst im Streifenwagen angeschnallt kommt der erste Auftrag. An der Königstraße soll ein Mann auf der Straße Autos anhalten. Sirene an, Blaulicht an und los geht’s – durch die Innenstadt, über alle roten Ampeln. Mir wird klar, warum ich diesen Wisch unterschreiben musste. Ich bin kreidebleich, aufgrund der turbulenten Fahrt dreht sich mir der Magen um. Dort angekommen erklärt uns der doch etwas angeheiterte Herr, dass er seinen Freund besuchen will. Er wollte per Anhalter fahren – sein Ziel ist rund 500 Meter weiter. Kurz geschimpft, weiter geht’s.

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20.19 Uhr: Der nächste Einsatz: In Haddenhausen wurde jemand mit Pfefferspray angegriffen. Wir machen uns auf den Weg und finden dort ein paar Jugendliche vor.

„Wir wollten uns hier treffen, mit einem Typen, der einem von uns Geld schuldet – er wollte es zurückzahlen. Dann kam aber nicht er, sondern ein paar andere mit Baseballschläger, Pfefferspray, Elektroschockgerät, und Messer“,

erzählt einer der Jugendlichen. Es sei aber niemandem wirklich was passiert. „Das war auch nicht sehr pfiffig von euch, sich um die Uhrzeit hier um Dunkeln zu treffen“, schimpft Stollberg und schickt die Jungs nach Hause. Hier ist polizeilich-pädagogisches Fingerspitzengefühl gefragt.

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21.55 Uhr: Nach einer kurzen Verschnaufpause bei Burger King fahren wir wieder Richtung Wache. Dabei erwischen wir jedoch noch eben einen Fahrradfahrer ohne Licht – der ist nicht nur ordentlich am meckern, sondern auch um 20 Euro ärmer.

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22.02 Uhr: Wir sind wieder auf der Wache. Frank Stollberg muss jetzt Berichte über die erlebten Vorfälle schreiben. Ich hätte nicht gedacht, dass die Büroarbeit so viel Zeit in Anspruch nimmt!

 

22.28 Uhr: Ich unterhalte mich währenddessen im Pausenraum mit einem der fünf Hundeführer in Minden. Wenn er von seinem Hund spricht, kann man die Hingabe und Zuneigung geradezu nachfühlen. Ich habe Glück und darf seinem „Anthrax“ im Polizeiauto einen Besuch abstatten. Was für ein Energiebündel! Kaum ist der Kofferraum geöffnet, schon springt der belgische Schäferhund raus und tobt durch die Gegend – aber nur bis zum nächsten Befehl. Anthrax hört aufs Wort, als Polizeihund muss er das auch. Derzeit wird er sogar zum Drogenspürhund ausgebildet. „Er lernt alles spielerisch“, erklärt mir sein Herrchen und führt vor, wie der Vierbeiner ein am Auto verstecktes Hundespielzeug findet.

23.59 Uhr: Wir sind wieder auf der Straße. An der Ampel neben uns hupt jemand grundlos und schaltet das Warnblinklicht an – Grund genug für eine Verkehrskontrolle. Die junge Frau ist sichtlich genervt, ihre Beifahrer seien schuld, erklärt sie. Frank Stollberg und sein Kollege bitten sie, ihre Beifahrer zurechtzuweisen. „Als ob die auf mich hören!“, ärgert sie sich und steigt schnell wieder ins Auto.

1.15 Uhr: Jetzt wird es spannend: Eine junge Frau sitzt in ihrer Wohnung zusammen mit ihrem Freund und Freundinnen von ihr. Der Freund einer ihrer Freundinnen randaliert vor der Haustür, weil er mit seiner Liebsten sprechen und sie vom Alkohol trinken abhalten will. Als die Bewohnerin hinausgeht, um ihn zu beschwichtigen, bekommt wiederum ihr Freund einen Eifersuchtsanfall und geht mit einem Messer auf den Freund ihrer Freundin los – kompliziert, ich weiß. Als wir dort ankommen, schmeißt der Randaleur gerade wütend Fahrräder im Vorgarten durch die Gegend und streitet sich lautstark mit seiner Freundin.

„Hast du jetzt echt die Polizei gerufen?“,

schreit er – „Ja was soll ich denn machen, wenn du nicht gehen willst?!“, schreit sie zurück. Nachdem sich die Situation nach und nach aufklärt, kommt die Dame, die dort wohnt, ein paar Schritte auf mich zu und fragt „Was soll ich mit dem bloß machen?“ – ihn ganz schnell abschießen, denke ich mir. Nach einer lautstarken Auseinandersetzung zwischen den Beamten und den Freunden, die sich zwischendrin lautstark einmischen, machen wir uns wieder auf den Weg.

1.58 Uhr: Wieder auf der Wache… es gilt einen aufwendigen Bericht zu schreiben. Ich gucke währenddessen Fernsehen im Aufenthaltsraum – und bin kurz vor’m Einnicken.

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3.32 Uhr: Kurz vor Ende der Schicht fahren wir noch mal los. Im Innenstadtgebiet fallen den Polizisten ein paar bekannte Gesichter auf – Personenkontrolle! Die drei müssen ihre Taschen komplett ausleeren. Interessant, was dabei zutage kommt: Einer von ihnen hat eine ganze Tasche voll Kondomen dabei. Was hat er bloß vorgehabt? Ein anderer prahlt vor mir mit seinem Strafregister.

„Ich bin gerade seit drei Monaten aus dem Knast“,

erklärt er mir. Es ist die Rede von Einbrüchen und Körperverletzungen. Ich bin schockiert, wie lapidar sie mir davon erzählen. Auf die Frage nach dem Warum bekomme ich eine einfache Antwort: „Zum Drogen kaufen.“

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4.00 Uhr: Ich habe es geschafft! Jetzt aber schnell ins warme Bettchen…

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