Schon immer etwas speziell – die Mindener und ihre Buttjersprache

Schon immer etwas speziell – die Mindener und ihre Buttjersprache

„Wat schmust die Osnick, Hacho? Zeit ne Knifte zu achielen!“

Viele Städte haben ihre Urgesteine. In Köln gibt es den Tünnes, in Münster den Kiepenkerl und Minden hat seinen Buttjer. Der Mindener Buttjer kleidet sich nicht nur anders, er denkt und redet vor allem auch anders als seine Mitmenschen. Der Buttjer ist ein echtes Original und gehört zu Minden wie der Dom, das Freischießen und der berüchtigte ostwestfälische Nieselregen. Mindestens so alt wie der Buttjer selbst ist seine Sprache.

Seit 1998 durchforstet Klaus Holthaus das Kommunalarchiv der Stadt nach den Ursprüngen der Buttjersprache. „Die ersten schriftlichen Erwähnungen datieren von 1850. Damals wollten sich die Bürger und Arbeiter abgrenzen von der Oberschicht – mit einem eigenen Wortschatz“, erzählt Holthaus. „Die Buttjersprache wurde anfangs auch nur in der alten Fischerstadt gesprochen. Die haben da ihr eigenes Süppchen gekocht und wollten mit den Bürgern aus der Kernstadt nichts zu tun haben“, weiß der 77-jährige. Östlich der Weser – nur ein paar Straßenzüge weiter- wurde die „Geheimsprache“ bereits kaum noch gesprochen. Die Sprache einer Minderheit eben. Das spiegelt sich auch in den Wurzeln wider, die im Jiddischen, Rotwelsch, Plattdeutschen und im Dialekt der Sinti liegen. Die kuriosen Redewendungen schweißten die sozial benachteiligten Gruppen zusammen und zauberten sicher so manchem Ortsunkundigen ein Fragezeichen ins Gesicht. Kein Wunder, nannte ein Buttjer die Zigarette doch „Affenflöte“, den Zylinder „Angströhre“ und sprach er von einer „Lawine“, wenn er seinen „Hachos“ eine Runde Bier bestellt hat.

Die Figur des Mindener Buttjers auf dem Martini Kirchhof

Die Figur des Mindener Buttjers auf dem Martini Kirchhof

Leider verschwand das Mindener Kulturgut für einige Jahrzehnte aus dem Bewusstsein der Einwohner. Dank des Engagements von Bürgern wie Klaus Holthaus und Dieter „Didi“ Böhning konnte unsere „Nationalsprache“ in den letzten Jahren aber ihr Comeback feiern. Karikaturist und Autor Holthaus schreibt lustige Stories aus dem Leben des Buttjers und zeichnet – im wahrsten Sinne – verantwortlich für kleine Cartoons rund um die lokale Kultfigur. Dieter „Didi“ Böhning schlüpft in schöner Regelmäßigkeit in die Rolle des Buttjers und erweckt sie zum Leben, zuletzt vor wenigen Wochen beim Freischießen. Stilecht mit Mütze und Samtfliege parliert „Didi“ dann in einwandfreiem Buttjer-Deutsch und unterhält die Gäste mit seinen Anekdoten. Nicht nur das Outfit ist dem Alleinunterhalter wie auf den Leib geschneidert – der waschechte Mindener ist ein „Muttersprachler“ und verkörpert die Rolle des Buttjers wie kaum ein anderer. „Ich bin auffe Rebe aufgewachsen,also in der Gegend um den Weingarten. Nach dem zweiten Weltkrieg sah das da noch ganz anders aus als heute. Das war ein echter Brennpunkt, wo alle sozialen Schichten zusammenkamen und fast nur Buttjerdeutsch gesprochen wurde “, erinnert sich der 70-jährige.
Didi war auch „Ohrenzeuge“ als die Buttjersprache in den 40er Jahren mit der Bi-Sprache kombiniert worden ist und zu ihrer heutigen Form gelangte. „Die Pennäler fügten allen möglichen Worten einfach noch ein Bi an und machten die Sprache damit noch unverständlicher für Fremde. Eine Sache war dann zum Beispiel nicht mehr nur tofte (Anm. d. Red., tofte bedeutet gut), sondern gleich tobifte.“
Auf jeden Fall hat die Buttjersprache tiefe Spuren in der Stadtgeschichte und unserem Wortschatz hinterlassen. „In letzter Zeit wurde ich in der Stadt sehr oft als Buttjer angesprochen. Ich habe das Gefühl, dass besonders die jungen Leute ein starkes Interesse an der Sprache haben und ihre Einmaligkeit zu schätzen wissen“, freut sich Didi.

Schucka!
 
Noch ein paar Infos…
 
Der Mindener Buttjer hat eine lange Geschichte und er hatte seine eigene Sprache. Sie wurde in der oberen Altstadt und in der Fischerstadt gesprochen. Es war eine Mischsprache, in die Wörter aus dem rotwelschen, zigeunersprachlichen und anderen Fremdsprachen eingeflossen sind. Auch die Bibir-Sprache kreuzte sich mit der Buttjersprache: tobifte Achile – gutes Essen.
Der Name Buttjer ist abgeleitet von butchen – arbeiten. Unterschiede gab es in den Sprachgebieten obere Altstadt und der Fischerstadt durch die typischen Berufe, die dort ausgeübt wurden. In der Altstadt war das der Einfluß der Sinti und Viehhändler und in der Fischerstadt die Fischer und Schiffer. 1841 gab es in der Fischerstadt noch 12 Schiffer und 2 Fischer.
Der Mindener Buttjer dibberte auf eine labinge Geschichte zurück und er laberte seine eibirgene Sprabirche. In den Kallebachen der Abiltstadt wurde so gelabert aber auch die Vattermänner in der Fischerstadt jabbelten so. Es war eine Mischsprache mit Wörbirtern aus Rotwelsch und Rommles von den Schabos. Auch die Bibirsprabirche schmusten die Buttjer: tobifte Achile – gutes Essen
 
Der Name Buttjer kommt dich von butchen – arbeiten. Die Quabilmer in der Fischerstadt laberten etwas anders als die hachos in der Altstadt, weil die ne andere maloche hatten. In der Altstadt rackewehlten die Sinti und die Viehhändler und in der Fischerstadt die Schiffer und Fischer. 1841 hatten dort 12 Schiffer und 2 Matscher ihre Butzen.